Neues Seenotrettungsboot für DGzRS-Station in Neuharlingersiel
Ehrenamtlich Menschen helfen: Für die rund ein Dutzend Seenotretter der DGzRS-Station Neuharlingersiel selbstverständlich. Nach 20 Jahren bekommen sie jetzt ein neues Boot. Der passende Name: "Courage".
Als Teresa Kuhr aus der Grafschaft Bentheim die hochmoderne "Courage" am Tag der offenen Tür zur Indienststellung betritt, spürt sie eine ganz besondere Verbindung. Denn sie hat den Rettern aus Neuharlingersiel ihr Leben zu verdanken. Pfingsten 2008 macht die damals Zwölfjährige Urlaub an der Nordsee. Zusammen mit ihrer Schwester und drei Freundinnen geht sie Muscheln sammeln im Watt. "Es war ein richtig heißer Tag", erinnert sie sich. "Das Watt war sehr trocken und wir konnten richtig schnell weit laufen." Womit sie nicht rechnen: Die Flut kommt an diesem Tag nicht nur früher, als es im Tidekalender steht, sondern auch viel schneller. Eine sogenannte Springflut. "Plötzlich war überall Wasser. Und wir hatten richtig Panik." Der Weg zum rettenden Festland ist abgeschnitten. Die fünf Mädchen retten sich auf eine Sandbank voller scharfkantiger Muscheln, an denen sie sich Füße und Beine aufschlitzen. "Wir konnten nicht mehr klar denken, haben uns gegenseitig angeschrien."
Rettung in letzter Minute
Glücklicherweise hat eines der Mädchen ein Handy, mit dem sie Teresas Eltern anrufen. Die verständigen sofort die Retter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Peter Henning, heute 58, ist einer von ihnen. "Wir waren innerhalb von fünf Minuten unterwegs." Auch wenn er als ehrenamtlicher und hauptberuflicher Seenotretter etwa 1.000 Einsätze gefahren ist, erinnert er sich an diesen noch ganz genau. "Denen stand das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Einige hatten sich an eine Fahrwassertonne geklammert." Peter Henning springt sofort ins Wasser, weil das Rettungsboot aufgrund seines Tiefgangs nicht ganz an die Sandbank heranfahren kann. Alle Mädchen werden an Bord geholt. "Das war pure Erleichterung", beschreibt Teresa Kuhr ihre Gefühle von damals. Sie muss noch eine Nacht ins Krankenhaus, da die Muscheln ihre Beine so stark verletzt haben.
Aus dem Watt gerettet: Die Verbindung bleibt
Seit ihrer Rettung aus dem Watt war die heute 27-Jährige sehr oft in Neuharlingersiel. Die Eltern haben auf dem dortigen Campingplatz einen Dauerstellplatz. Eines macht sie immer: beim Boot ihrer Lebensretter vorbeischauen. Wenn sie Peter Henning trifft, sprechen die beiden. "Es bleibt immer so eine Verbindung", sagt sie. "Toll, dass es solche Leute gibt. Das kann man gar nicht genug wertschätzen." Peter Henning fährt nach mehr als 20 Jahren nun nicht mehr auf Einsätze. Ein Arzt erklärte ihn wegen eines Medikaments im vergangenen Jahr für seeuntüchtig. Ein schwerer Schlag: "Das bin ich, ich kann doch gar nichts anderes." Trotzdem bleibt er der Rettungsstation Neuharlingersiel eng verbunden und arbeitet weiter mit. Die neue "Courage" hat er mit von der Werft in Rostock abgeholt.
Neues Rettungsboot der DGzRS durch Spenden finanziert
Das neue Seenotrettungsboot ist gut zehn Meter lang und hat 380 PS. Damit ist es schneller, leiser und größer als sein Vorgänger. Schiffbrüchige, Verletzte und Erkrankte können so besser transportiert und an Bord medizinisch versorgt werden. Finanziert wurde es durch freiwillige Zuwendungen - wie die gesamte Arbeit der DGzRS. Die hat in Neuharlingersiel eine lange Tradition. Schon 1869 war hier das erste Ruderrettungsboot stationiert. Damit ist die Station eine der ältesten an der deutschen Küste. Das Revier der Seenotretter ist das Wattenmeer bis zu den Inseln Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge.