
Märkte in Südamerika: Alternative zu Trump?
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist mit einer Wirtschaftsdelegation acht Tage durch Brasilien und Argentinien gereist. Dort begegnete er Zukunftschancen - und Herausforderungen.
Es ist nur ein kurzer Gang durch den Barrio 31, einem der Wohnviertel in Buenos Aires, in dem vor allem arme Menschen am Rande einer Schnellstraße wohnen. Nur wenige Kilometer von den schicken Stadtteilen entfernt schlafen Menschen auf der Straße, hier soll ein Sozialprojekt Hoffnung geben. Wie bitter die Armut in Argentinien ist, erfahren Ministerpräsident Stephan Weil und drei Abgeordnete von CDU, Grünen und SPD hier bei dem Rundgang.
Mercosur könnte Handel in Schwung bringen
"Wenn man als Deutscher durch solche Quartiere geht, wird man bescheiden", sagt Stephan Weil. "Ein solcher Besuch hilft einem sich zu erden." Das Erlebte hinterlässt Eindruck, auch bei der Gesamtbilanz der Reise, bei der es um das Ausloten von Möglichkeiten ging: inwieweit können niedersächsische Unternehmen hier Geschäfte machen, wenn der Handel mit Südamerika durch das Mercosurabkommen einfacher wird? Nach mehr als zwanzig Jahren könnte der Vertrag im Herbst ratifiziert werden. Stephan Weil (SPD) bewertet die Lage nach der Reise zurückhaltend: "Das ist ein Land mit einem unbestreitbaren großen Potenzial, aber ebenso unbestreitbar derzeit auch noch erheblichen Problemen. Die Botschaft rät den Unternehmen, sich startklar zu machen für Investitionen, aber vor der Schlussentscheidung noch eine Prüfung vorzunehmen."
Argentinien hat Stärken
Seit 2023 regiert hier Javier Milei, der auf Deregulierung setzt, den Staat auf ein Minimum reduzieren will und Elon Musk sein Vorbild nennt. Während es in Buenos Aires Proteste gibt und der soziale Zusammenhalt des Landes noch auf die Probe gestellt werden dürfte, sind die wirtschaftlichen Daten nach Jahren der Rezession verlockend: Argentiniens Potenzial wächst, die Inflation ist deutlich gesunken. Das Land ist ein globaler Agrarproduzent und bietet großes Potenzial an erneuerbaren Energien und Rohstoffen.
Wirtschaftsverband ist vorsichtig
Deshalb wurde Weil von Vertretern und Vertreterinnen aus Wissenschaft und Wirtschaft begleitet. Sie haben Unternehmen besucht und mit Verbänden gesprochen. Die Erwartungen, das wirtschaftliche Potenzial Argentiniens nutzen zu können, waren hoch - doch die Bilanz ist auch hier vorsichtig zurückhaltend. "Auf der einen Seite haben wir hier viele Chancen gesehen. Aber die politische Lage, die Sicherheitssituation - da muss man schon genau hingucken. Für mich ist das Wichtigste eine politische Verlässlichkeit", sagt Benedikt Hüppe, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen.
Delegation zeitweise unter Polizeischutz
Die Gruppe reiste nach einem ersten, kurzen Aufenthalt in Brasilien nach Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens. Eine Tour führte aufs Land, nach Rosario in der Provinz Santa Fe. Es hat aufgrund seines Hafens eine wirtschaftliche Bedeutung. Nach Einbruch der Dunkelheit wird allerdings von Spaziergängen abgeraten, die Delegation wurde von einer Polizeieskorte durch die Stadt gefahren - auch dies seien Eindrücke, die bleiben, wenn es darum gehe, den Kontakt zu intensivieren oder Mitarbeiter in die Region zu entsenden, erklärt Hanna Sandmann, die für den Anlagenbauer Purplan aus der Region Osnabrück mitgereist ist. Bei ihr überwiegen die positiven Eindrücke eines Landes, das an Europa erinnert und in dem deutsche Firmen bereits seit Jahrzehnten ansässig sind.
Partnerschaft mit Provinz Santa Fe

Mit einem Partnerschaftsabkommen will Niedersachsen mehr Zusammenarbeit ankurbeln und so den politischen Rahmen schaffen für mehr Austausch; auch in Brasilien hatte Ministerpräsident Weil ein Papier unterschrieben. Ob ein intensiverer Austausch als bisher zustande kommt, hängt davon ab, ob sich gemeinschaftliche Projekte stemmen lassen – zwischen Universitäten, Verbänden oder auch Unternehmen.
Die Sicht von CDU und Grünen
Die mitreisende parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion, Carina Hermann, findet solche Absichtserklärung richtig und wichtig. Die Reise habe ermöglicht, auch kritische Fragen zu stellen, insbesondere zu mangelnden Bildungschancen für ökonomisch schwache Kinder. Dennoch ist ihr Fazit: "Das Mercosur-Abkommen muss so schnell wie möglich ratifiziert werden, es birgt viele Chancen für uns." Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anne Kura sagt in Buenos Aires: "Es ist wichtig, neue Märkte zu erschließen, Handel zu treiben und sich mit neuen Partnern international breit aufzustellen. Auf der anderen Seite muss man Auswirkungen auf Umwelt, Klima und unsere heimischen Betriebe abfedern." Damit meint sie niedersächsische Landwirte, die das Mercosur-Abkommen skeptisch sehen, ebenso wie die indigene Minderheit vor Ort.