Landtag gedenkt der Opfer der Pogromnacht vor 85 Jahren
Der Niedersächsische Landtag hat am Donnerstag den Opfern der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 gedacht. Damals wie heute trete der Judenhass wieder offen zutage, mahnte die Landesregierung.
"Wir müssen sehr sensibel und sehr wachsam sein", sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD) - und warnte vor einem Aufleben des Antisemitismus. Aus Worten und Schmierereien könnten schnell andere Taten folgen. Wie vielerorts in Deutschland stand das Gedenken an die Verbrechen vor 85 Jahren auch im Niedersächsischen Landtag unter dem Eindruck des Hamas-Terrors. Vor einem Monat war die Terrororganisation in Israel eingefallen und hat mehr als 1.400 Menschen getötet. In diesem Jahr sei der 9. November unabdingbar mit dem 7. Oktober verbunden, sagte Michael Fürst, Präsident des Landesverbands der Jüdischen Gemeinde in Niedersachsen. Gleichzeitig mahnte er, niemanden unter Generalverdacht zu stellen. "Nicht jeder Palästinenser ist ein Terrorist, nicht jeder Muslim ist ein schlechter Mensch", so Fürst.
Naber: Entschieden gegen Antisemitismus vorgehen
Der 9. November vor 85 Jahren sei ein Schritt auf dem Weg in die systematische Vernichtung der Juden und ein Vorbote vieler weiterer Tage des Schreckens gewesen, sagte Landtagspräsidentin Hanna Naber (SPD). Mehr als 1.300 Juden wurden deutschlandweit während der Novemberpogrome durch Nationalsozialisten ermordet. Damals wie heute müsse entschieden gegen jede Form von Antisemitismus vorgegangen werden, forderte die SPD-Politikerin. Auch Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht die aktuell rasant steigende Zahl antisemitischer Straftaten mit Besorgnis. "Jüdinnen und Juden in Deutschland haben wieder Angst, das ist beschämend", schrieb er in den sozialen Medien.
Warnung vor Relativierung der Nazi-Verbrechen
Die antisemitischen Übergriffe der letzten Wochen würden eine Ähnlichkeit mit denen vor 85 Jahren aufweisen, sagte Christian Calderone (CDU) im Landtag. Juden und Jüdinnen in diesem Land müssten sich wieder verstecken. Ein Vergleich der Taten aus dem Jahr 1938 mit denen von 2023 sei eine Relativierung der Nazi-Verbrechen, warnte hingegen der SPD-Abgeordnete Christoph Bratmann. Im Rahmen der Gedenkveranstaltung im Niedersächsischen Landtag sprachen sich CDU, SPD und Grüne in einem Antrag dafür aus, den Polizeischutz für jüdische Einrichtungen zu verstärken und die Meldestelle für Antisemitismus (RIAS) auszubauen. Die AfD lehnte die sofortige Abstimmung des Antrages aus Verfahrensgründen ab.