Kommentar: "Lechner muss der CDU die Verzagtheit nehmen"
Sebastian Lechner ist neuer Vorsitzender der CDU in Niedersachsen. Er muss die Partei inhaltlich neu positionieren und personell erneuern. Und er braucht Erfolgserlebnisse.
Ein Kommentar von Sophie Mühlmann, Redaktion Landespolitik
Lechner lächelt. Und sein unbekümmertes Dauerlächeln steckt an, wirkt wie das berühmte Pfeifen im Walde. Die CDU gibt sich kämpferisch auf ihrem ersten Parteitag in der Opposition. Dabei haben Niedersachsens Christdemokraten gerade gar nicht so recht Grund zum Lächeln: Die Landtagswahl brachte das schlechteste Wahlergebnis seit den 50er-Jahren, die Partei muss sich neu erfinden.
Die Mittvierziger geben nun den Ton an
Eine Verjüngungskur haben die Christdemokraten im Wahlkampf versprochen, weiblicher wollten sie werden. Der erste Vorsatz ist gelungen: Die altgedienten Spitzenpolitiker sind aufs Abstellgleis verbannt, die Mittvierziger mit Lechner als Vorkämpfer geben jetzt den Ton an. Jünger sind sie also, bringen damit eine Chance für Neues, aber leises Grummeln bei denen, die der Partei Gesicht und Inhalte gegeben haben.
Viele Frauen verharren in Vize-Funktionen
Auch bleibt die neue Parteispitze rein männlich: Sebastian Lechner in der Doppelrolle als Fraktionschef und Parteivorsitzender, an seiner Seite Marco Mohrmann als Generalsekretär. Beim Parteitag in Braunschweig und auch im Parlament sieht man zwar viele CDU-Frauen. Aber kommen sie auch zu Wort? Immer noch sind sie in Partei und Fraktion auf Vize-Funktionen beschränkt, bleiben ein Feigenblatt. Einzige Ausnahme: Carina Hermann ist neue parlamentarische Geschäftsführerin - die erste Frau in diesem Amt. Sie hat im Landtag schon gezeigt, dass sie einiges vorhat.
Wofür steht die CDU?
Um das Wahldebakel abzuschütteln, muss die Niedersachsen-CDU sich auch thematisch neu positionieren. Das ist nicht so einfach: Immer nur gegen Berlin und die Ampel wettern oder hierzulande gegen Rot-Grün hat schon im Wahlkampf nicht gezogen. Eigene Themen setzen tut Not, den Menschen zeigen, wofür die CDU steht.
Schwierige Rolle in der Opposition
Im Parlament sitzt die Fraktion nun in der Zwickmühle zwischen der Regierungskoalition und der AfD. Von der zweiten Oppositionspartei will sie keine Schützenhilfe, gemeinsame Sache mit einer Partei, die sie immer wieder rechtsradikal nennt, kommt nicht infrage. Man kann sich also nicht in liebevoller Gegnerschaft die Bälle zuspielen wie früher mit der FDP. Die CDU muss sich distanzieren, abgrenzen - gegen beide Seiten. Das bremst beim Profilieren.
Lechner mitverantwortlich für die Wahlniederlage
Als Generalsekretär war Sebastian Lechner mitverantwortlich für den Landtagswahlkampf und damit für die herbe Niederlage. Seine beiden Vorgänger im jetzigen Doppelamt, Bernd Althusmann und Dirk Toepffer, zogen die Konsequenz und nahmen fast gleichzeitig ihren Hut - doch Lechner tauchte wie Phoenix aus der Asche aus dem Wahldebakel auf. Bestens vernetzt, hat er die Partei um seine Person versammelt, lächelt die Schmach des gescheiterten Wahlkampfs einfach weg, beschwört den Teamgeist, will keine One-Man-Show sein. Zusammenhalt ist die Devise, denn Grabenkämpfe haben den Christdemokraten im Bund und Land viele Wählerstimmen gekostet, das ist allen Beteiligten nur allzu bewusst. Und so wählen die Delegierten den 42-Jährigen mit starken 88,5 Prozent an die Spitze. Kein Denkzettel, kein Blick zurück, ein ordentliches Ergebnis als Starthilfe für den Neustart.
Die Partei braucht Erfolgserlebnisse
Trotzdem: Um künftig Wahlen gewinnen zu können, muss der Neue an der Spitze der CDU die Verzagtheit nehmen und Perspektiven geben. Dazu braucht er ein gutes Team und mittelfristig auch Erfolgserlebnisse. Lächeln allein ist noch nicht genug