Kinderpornografie: Hunderte Durchsuchungen in Norddeutschland
Die Polizei ist in Niedersachsen und weiteren Bundesländern im Norden gegen Kinderpornografie vorgegangen. Dabei fanden zahlreiche Durchsuchungen statt.
Allein in Niedersachsen vollstreckten 300 Ermittler am Mittwochvormittag mehr als 200 Durchsuchungsbeschlüsse. Die Polizeidirektionen in Hannover, Braunschweig, Göttingen, Osnabrück, Oldenburg und Lüneburg beteiligten sich. In Mecklenburg-Vorpommern wurden 21 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt, in Bremen und Bremerhaven waren es 18. Durchsuchungen fanden zudem in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Brandenburg und Berlin statt. Insgesamt waren 650 Beamte im Einsatz.
"Haben mehrere Hundert Täter aus Anonymität geholt"
Die Federführung für die Aktion liegt beim Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen. Die Ermittler stellten Datenträger wie Laptops, PCs und Smartphones sicher. Diese werden nun weiter ausgewertet. Friedo de Vries, Präsident des LKA Niedersachsen, betonte, es sei wichtig, dass die Polizei geschlossen gegen die Täterinnen und Täter vorgehe. "Wir wissen, dass Kinder im Durchschnitt sieben Anläufe benötigen, bis sie als Opfer sexualisierter Gewalt gehört werden", so de Vries. "Mit diesem länderübergreifenden Einsatz haben wir mehrere Hundert Täter und Täterinnen aus der Anonymität geholt und gezeigt: Wir bündeln unsere Kräfte und sind unermüdlich in unserem Einsatz im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern".
Tatverdächtige in Niedersachsen sind hauptsächlich männlich
Allein in Niedersachsen seien mehr als 600 Gegenstände sichergestellt worden, sagte Carsten Reinhardt, der im LKA in Hannover für den Bereich Kinderpornografie zuständig ist. Laut LKA sind 156 der Tatverdächtigen in Niedersachsen Erwachsene, 49 im Jugendalter. Wie viele Frauen darunter sind, konnte das LKA zunächst nicht sagen. "Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass die Anzahl der weiblichen Tatverdächtigen deutlich geringer ist als die von männlichen", sagte Reinhardt.
Daten kamen aus den USA
Auf den Datenträgern vermuten die Ermittler Fotos und Videos, die sexualisierte Gewalt an Kindern zeigen. Die Daten waren dem Landeskriminalamt vor allem von der US-amerikanischen Organisation National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) übermittelt worden. In den USA ist es den Internet-Providern gesetzlich vorgeschrieben, verdächtige Accounts an die Sicherheitsbehörden zu übermitteln. Die Vereinigten Staaten schicken die Verdachtsmomente an das Bundeskriminalamt, das sie zur Überprüfung an die Länder sendet. Die Aufklärungsquote in diesem Bereich ist laut hoch Landeskriminalamt hoch.
Behrens fordert Datenschutz-Debatte
"Wir haben die technischen Möglichkeiten, um Täter zu ermitteln und zu bestrafen", betonte auch Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD). Dass Deutschland in vielen Fällen darauf angewiesen sei, Beweismaterial aus den USA zu erhalten, sehe sie allerdings kritisch. "Wir brauchen hierzulande dringend eine konstruktive Debatte darüber, wie wir zukünftig verhindern, dass von einem gut gemeinten Datenschutz vor allem ein Schutz für die Täterinnen und Täter übrig bleibt", sagte Behrens.
Kinderpornografie: Mehr als 3.600 Fälle im Jahr 2021
In Niedersachsen treffen durchschnittlich 52 solcher Verfahren pro Woche ein. 2022 registrierte die Polizei im Bereich der Kinder- und Jugendpornografie 5.488 Fälle - rund 30 Prozent mehr als im Jahr 2021. Anders als in anderen Ländern werden in Niedersachsen alle Bilder gesichtet und bewertet mit dem Ziel, noch unbekannte Fälle von sexualisierter Gewalt aufzudecken und weiteres Leid der Kinder und Jugendlichen zu verhindern.