KfW-Studienkredit: Schuldenfalle vor dem Berufseinstieg?
Stark gestiegene Zinsen bei der staatlichen Förderbank KfW erschweren Studierenden das Leben. Viele können sich die Raten für ihren Kredit nicht mehr leisten und denken über einen Studienabbruch nach.
Der KfW-Studienkredit soll jungen Menschen das Studium ermöglichen: Zum Beispiel dann, wenn kein Geld da ist oder sie kein BAföG erhalten. Innerhalb kürzester Zeit hat sich der Zinssatz für die Kredite aber nahezu verdoppelt. Lag er im Oktober 2021 noch bei 3,76 Prozent, ist er inzwischen auf 7,82 Prozent angestiegen. Für Studierende bedeutet das immer häufiger finanzielle Sorgen.
Psychischer Stress und schlaflose Nächte
Wie groß der Druck ist, weiß Denise Rabe. Die Lehramtsstudierende aus Hannover hat 2016 einen Kredit bei der KfW aufgenommen. Summe: 16.000 Euro. Ohne das Geld hätte sie nicht studieren können. "Ich habe das Geld gebraucht, um meine Miete und mein Leben zu finanzieren", sagt sie. Monatlich überweist ihr die KfW 500 Euro. Mit dem Geld muss sie auskommen. Im ersten Jahr zahlt sie bloß Zinsen zurück - jeden Monat 50 Euro. Die eigentlichen Schulden tilgt sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. Für Denise Rabe, die damals gerade ihren Master begonnen hatte, ein finanzieller Drahtseilakt. Sie erzählt von schlaflosen Nächten, dauerhaftem psychischem Stress. "Meine Gedanken sind nur darum gekreist, wie ich das Geld zurückzahlen kann." Die Lehramtsstudierende sieht sich in der Schuldenfalle. "Ich habe mehrfach überlegt, ob ich überhaupt weiter studieren kann." Mehrfach stand sie vor der Entscheidung, ihr Studium abzubrechen, um zu arbeiten und das Geld zurückzuzahlen.
Studierendenwerke fordern Zinsdeckel
Denise Rabe ist damit nicht allein. Die Studierendenwerke in Niedersachsen sind alarmiert. Sie müssen die Studierenden immer häufiger zur Schuldnerberatung schicken. In Hannover empfehlen Beraterinnen und Berater den Studienkredit inzwischen gar nicht mehr. Die finanzielle Last sei viel zu groß - der KfW-Kredit keine geeignete Option, die eigene Bildung zu finanzieren. Geschäftsführer Michael Knüppel ist überzeugt: "Das Problem ist einfach, dass die Studierenden bei diesen Zinssätzen natürlich in eine Schuldenfalle tappen." Die Studierendenwerke fordern deshalb geschlossen, dass die Zinsen dauerhaft herabgesetzt und gedeckelt werden.
AStA: Menschen, die benachteiligt sind, werden Risiko ausgesetzt
Felix Schenke vom AStA der Hochschule Hannover sieht in der Situation ein Armutszeugnis für die Bildungspolitik. Es gehe um Alleinerziehende, Menschen, die kein BAföG bekommen oder deren BAföG eben nicht ausreicht. "Und da sprechen wir von Menschen, die sowieso schon benachteiligt sind und dann auch noch einem Risiko der Verschuldung ausgesetzt werden", sagt Schenke. Kredite von staatlichen Förderbanken müssten zu null Prozent verzinst werden, ist er überzeugt.
Förderbank muss Risiko einkalkulieren
Das Problem: Der Zinssatz der KfW-Förderbank ist variabel. Er kann alle sechs Monate steigen oder sinken - allerdings steigt er seit einigen Jahren nur noch. Für die Studierenden bedeutet das wenig Planungssicherheit. Eine Sprecherin der KfW teilte dem NDR Niedersachsen auf Anfrage mit: "Die KfW erzielt mit dem Studienkredit keinen Gewinn, muss jedoch selbst kostendeckend arbeiten und daher über den Zinssatz die Kosten abbilden." Die Bank müsse auch das Risiko einkalkulieren, falls die Summe nicht zurückgezahlt werden kann.
Letzter Ausweg Studienabbruch
Denise Rabe hatte Glück: Sie konnte sich das Geld von ihren Eltern leihen. Und so den KfW-Studienkredit auslösen. Überraschungen wegen der Zinsen gibt es so nicht mehr. "Ich habe mir jetzt eine Situation geschaffen, die für mich berechenbar ist, da kann ich genaue Pläne machen." Aber die Schulden bleiben - und damit auch die Sorgen. "Der psychische Druck ist hoch", sagt sie. Noch immer denkt die Lehramtsstudentin darüber nach, ihr Studium abzubrechen. Und das, obwohl ihre Noten gut sind und die Schulen junge Lehrkräfte wie sie so dringend brauchen.