Keine Scheunenpartys mehr? Tradition auf der Kippe
In der Scheune oder in der Reithalle: Landjugend-Feste haben Tradition in Niedersachsen. Nun aber bremst eine neue Verordnung die Partys aus. Die Landjugend fordert schnelles Handeln von der Politik.
2022 konnten die Scheunenpartys trotz der geänderten Rechtslage noch von den Behörden geduldet werden - 2023 geht das aber nicht mehr. Denn ab diesem Jahr gilt die geänderte Versammlungsstättenverordnung uneingeschränkt, sobald die Veranstalter mit mehr als 200 Party-Gästen rechnen. Zuvor konnten die Kommunen Ausnahmegenehmigungen für Veranstaltungsräume erteilen, sobald der Brandschutz und die Sicherheit gewährleistet werden konnten. Nach dem Motto "Feiern ja, aber mit mehr Rechtssicherheit" hat die Landesregierung die gesetzlichen Vorgaben verschärft: Jetzt müssen für die Party-Locations Bauanträge gestellt und zum Beispiel vom Landkreis genehmigt werden: Ein Riesen-Aufwand für die Landjugendlichen. Von dieser Änderung sind nicht nur die Partys betroffen. Sie gilt auch für Scheunen- und Erntedankfeste, Kulturveranstaltungen und Gottesdienste. Die Landjugend in Niedersachsen schlägt heute Alarm.
Landjugend fordert "umgehende Lösung" von Minister Lies
In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern die Niedersächsische Landjugend (NLJ) und die Katholische Landjugendbewegung Niedersachsen (KLJB) Bau- und Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) heute auf, sofort zu handeln. "Hier muss ein Weg gefunden werden, der die Sicherheit auch ohne Bauantrag garantiert und für ehrenamtlich Tätige umsetzbar ist", heißt es - und: "Wir fordern vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung und Minister Olaf Lies eine umgehende Lösung." Entweder müsse man den gestrichenen Paragrafen im Gesetz, der zuvor unkompliziert die Feten ermöglichte, wieder aufnehmen oder die Regeln für ehrenamtliche Gruppen vereinfachen.
"Finanziell gesehen eine Katastrophe"
"Die neu gestellten Anforderungen an Brandschutz und Standsicherheit gehen in unseren Augen weit über das gebotene Maß hinaus", heißt es in der Stellungnahme der Landjugendverbände. Sicherheit müsse an oberster Stelle stehen, doch ein vollständiger Bauantrag? Der bürokratische Mehraufwand und die hohen Kosten seien nicht zu stemmen. "Die Scheunenfeten sind zumeist die Haupteinnahmequelle der ehrenamtlich organisierten Jugendgruppen. Ohne diese Einnahmen wird es den Landjugendgruppen zunehmend schwerfallen, auch andere gemeinsame Aktivitäten für Jugendliche kostengünstig anzubieten." Ina Steveker von der Landjugend Grafschaft Bentheim sagt ganz klar: "Finanziell gesehen ist das eine Katastrophe."
Feten "verbinden die ganze Jugend"
In den niedersächsischen Landkreisen ist die Situation sehr unterschiedlich, denn nicht alle Landjugendverbände feiern gleich. In einigen Regionen veranstalten die Ortsgruppen bevorzugt Zelt- oder Open-Air-Veranstaltungen. Dort sind die Partys entsprechend leichter umzusetzen. Im Landkreis Grafschaft Bentheim feiern jedoch neun von zehn Ortsgruppen in Gebäuden wie Scheunen und Reithallen. Für die Vereine vor Ort sind die Events nicht nur "das Ding im Jahr", sondern sie "verbinden die ganze Jugend", sagt Ina Steveker, auch stellvertretende Landesvorsitzende der Niedersächsischen Landjugend.
Einzelne Landkreise werden selbst aktiv. Die Grafschaft Bentheim, die besonders von den neuen Baugenehmigungen betroffen ist, unterstützt die Ortsverbände mit bis zu 5.000 Euro pro Antrag und einer Planungs-Checkliste. Alle Kosten können dadurch nicht gedeckt werden. In vielen Regionen bleibt die Ungewissheit und es fehlt die Planungssicherheit.
Landesregierung will das Thema erneut angehen
Die Landesregierung sieht die Schwierigkeiten, wie ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums bestätigte. Gleichwohl seien baurechtliche Vorgaben wie der Brandschutz bei solchen Großereignissen zentral. Das Ministerium will das Thema deshalb noch einmal auf die Tagesordnung holen. Wann das passiert und ob das rechtzeitig klappt, damit die Behörden in den Landkreisen die Feste für das laufende Jahr noch genehmigen können, ist allerdings offen.