Katastrophenalarm? Im Fall der Fälle nicht überall zu hören
Sirenengeheul war als Warnsignal für die Bevölkerung jahrzehntelang eingeübt. Jetzt soll das Sirenen-Netz wieder flächendeckend ausgebaut werden - doch für mehr als 1.000 nötige Sirenen fehlt das Geld.
Das auf- und abschwellende Geheul warnt eindringlich - auch bei Strom- oder Internetausfällen funktionieren Sirenen zuverlässig. Auch wenn längst nicht mehr jeder weiß, was die Alarmsignale bedeuten, soll das Sirenen-Netz wieder flächendeckend ausgebaut werden. Die vorhandenen 8,8 Millionen Euro aus Bundesmitteln sowie zusätzliche 10 Millionen Euro des Landes reichen jedoch gerade einmal aus, um 55 Prozent der fehlenden Sirenen einzurichten. Die 39 Katastrophenschutzbehörden des Landes hatten Förderanträge für insgesamt 2.459 Sirenen eingereicht. Das Geld aus den beiden Töpfen reicht aber nur für 1.396 Anträge. Das teilte das Innenministerium dem NDR in Niedersachsen auf Anfrage mit. Zunächst hatte die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" darüber berichtet.
Kommunen für Betrieb der Sirenen zuständig
Im Durchschnitt schlägt ein Sirenen-Standort demnach mit knapp 13.500 Euro zu Buche. Als untere Katastrophenschutzbehörde sind die Landkreise und kreisfreien Städte bei Gefahrenlagen für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger zuständig. Die Kommunen betreiben aktuell 5.518 Sirenen-Standorte. Die eingegangenen Anträge für weitere Sirenen hatte das Land priorisiert und die verfügbaren Mittel entsprechend verteilt. Für die verbleibenden Lücken rechnet das Land im Bundeshaushalt 2024 mit einer erneuten Sirenenförderung.
Sirenen funktionieren auch bei Strom- und Netzausfall
Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte sich der Bund aus der flächendeckenden Finanzierung des vorhandenen Sirenen-Netzes zunächst zurückgezogen. Nach massiven Ausfällen beim bundesweiten "Warntag" im September 2020 und nach den Erfahrungen der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Sommer 2021 setzte ein Umdenken ein. Die "altmodischen" Sirenen werden inzwischen wieder als besonders wichtig erachtet - eben weil sie auch unabhängig von Strom und Mobilfunknetzen funktionieren und zudem nachts eine wichtige "Weckfunktion" erfüllen können.
Landtagsopposition fordert zügiges Handeln von Bund und Land
Die Landesregierung will nicht nur auf weitere Bundesmittel hoffen, sondern plant nach eigenen Angaben auch selbst eine Förderung über die Jahre 2023 und 2024 hinaus. Die Opposition im Niedersächsischen Landtag forderte am Freitag mehr Tempo. "Die Landesregierung muss sofort handeln, die Kommunen unterstützen und dafür sorgen, dass flächendeckend in ganz Niedersachsen ein geeignetes Warnsystem aufgebaut wird", sagte Stephan Bothe von der AfD. Der Bund habe Mittel für den Katastrophenschutz gekürzt, kritisierte CDU-Fraktionschef Christian Lechner. "Bund und Land müssen hier nachliefern und weitere Mittel zur Verfügung stellen", so der Christdemokrat.