Jamshid Sharmahd: Erneute Demo in Hannover gegen Todesurteil
Am Samstag haben etwa 220 Menschen in Hannover für die Freilassung des Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd demonstriert. Er war vom iranischen Geheimdienst entführt worden, im Februar wurde er zum Tode verurteilt.
"Das hat mich sehr hart getroffen", sagt Sasan Shahlavi, ein Freund Sharmahds aus Hannover, bei dem der Deutsch-Iraner noch kurz vor seiner Entführung mehrere Tage zu Besuch war. Die beiden hatten sich davor viele Jahre lang nicht gesehen, berichtet er NDR Niedersachsen. "Wir haben abends zusammen gegessen und uns unterhalten", so Shahlavi, der selbst als junger Mann aus dem Iran geflohen war. Sharmahd, der in Peine und Hannover gelebt hatte, bevor er in die USA auswanderte, habe bei dem Besuch unter anderem etwas wegen seiner Rente klären wollen. Er habe damals nicht den Eindruck gemacht, dass er sich konkrete Sorgen um seine Sicherheit mache, so Shahlavi. Auf das Schicksal von Jamshid Sharmahd und andere im Iran zum Tode Verurteilten machten die Demonstrierenden am Samstagmittag bei einer Kundgebung am Steintor in Hannover erneut aufmerksam. Aufgerufen zu dem Protest hatte unter anderem der Verein kargah aus Hannover.
Freund erfuhr von der Entführung aus den Nachrichten
"Das letzte Mal hat er mich kurz von England aus angerufen", erinnert sich Shahlavi. Von der Entführung seines Freundes erfuhr er dann aus den Nachrichten. Er habe daraufhin sofort versucht, Sharmahds Familie in Amerika zu erreichen und habe mit dessen Frau gesprochen, zu der heute aber kein Kontakt mehr bestehe. Sharmahds Tochter sei in den sozialen Netzwerken sehr aktiv, so Shahlavi. Er unterstützt sie, indem er ihre Posts weiterleitet. Außerdem nehme er wann immer möglich an Demonstrationen teil. "Viel mehr kann ich nicht tun", so Shahlavi.
Flüchtlingsrat Niedersachsen appelliert an Bundesregierung
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hatte die Bundesregierung diese Woche aufgefordert, sich stärker für im Iran inhaftierte politische Gefangene einzusetzen. Nach dem Urteil gegen Jamshid Sharmahd waren zwei iranische Diplomaten aus Deutschland ausgewiesen worden. Dies sei laut Flüchtlingsrat nur ein lauer Protest, der für eine Rettung von politischen Gefangenen nicht ausreiche. Der Rat forderte die Bundesregierung auf, die iranische Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste setzen zu lassen. Außerdem appellierte er an die deutschen Behörden, alle Wirtschaftsbeziehungen mit dem iranischen Regime abzubrechen und allen aus dem Iran Geflüchteten Schutz zu gewähren.
Sharmahd ist seit 1995 deutscher Staatsbürger
Der im Iran geborene Jamshid Sharmahd zog im Alter von sieben Jahren mit seinem Vater nach Deutschland. Er wuchs in Niedersachsen auf. Später kehrte er nach Teheran zurück. Nach der islamischen Revolution 1979 verließ er den Iran dann erneut. Er wohnte danach mit seiner Familie in der Nordstadt von Hannover. Dort betrieb Sharmahd ein Computergeschäft. Seit 1995 ist er deutscher Staatsbürger.
Im Jahr 2003 zog Sharmahd von Hannover in die USA
Im Jahr 2003 kehrte der Ingenieur und IT-Experte Hannover den Rücken und emigrierte in die USA. In Kalifornien gründete der Familienvater ein Softwareunternehmen und begann sich immer aktiver für iranische Oppositionsgruppen einzusetzen. Unter anderem gründete er einen Radiosender. Mit seinem Engagement zog er gleichzeitig das Interesse der iranischen Geheimdienste auf sich. Auf seiner Geschäftsreise im Juli 2020 ins indische Mumbai wurde er dann zu einem Zwischenstopp in Dubai gezwungen. Ein Flug war ausgefallen. Das nutzte das Mullah-Regime aus, der iranische Geheimdienst entführte Sharmahd.
Baerbock: Todesurteil "absolut inakzeptabel"
Die iranische Regierung wirft dem Oppositionellen vor, an einem Bombenanschlag im Jahr 2008 beteiligt gewesen zu sein, bei dem es 14 Tote und 200 Verletzte gab. Außerdem soll er für Israel und die USA als Spion gearbeitet haben. Das iranische Fernsehen strahlte nach seiner Entführung ein angebliches Geständnis Sharmahds aus. Es ist offenbar das Ergebnis von Folter. Sharmahds Gesicht sieht geschwollen aus. Den späteren Prozess gegen den Deutsch-Iraner bezeichnet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte als "politischen Schauprozess".
Am 21. Februar wurde der heute 68-Jährige zum Tode verurteilt. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bezeichnete den Richterspruch als "absolut inakzeptabel" und wies zwei iranische Diplomaten aus Deutschland aus.