Industriestrom: Metallindustrie begrüßt Niedersachsens Vorschlag
Niedersachsens Landesregierung hat ein Konzept für einen staatlich gedeckelten Energiepreis vorgelegt. Dieser soll bei sieben Cent pro Kilowattstunde liegen. Die Industrie begrüßt den Vorschlag.
"Es ist die klare Aufforderung an die Bundesregierung, endlich die schwierige Lage der Industrie zur Kenntnis zu nehmen und zu handeln", sagte Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes NiedersachsenMetall. Er sieht im Industriestrompreis auch eine Alternative zur Energiepreisbremse. Laut einer Umfrage von NiedersachsenMetall könnten neun von zehn Industrieunternehmen in Niedersachsen die aktuelle Preisbremse der Bundesregierung für Strom und Gas nicht oder nur stark eingeschränkt in Anspruch nehmen, so Schmidt. Mit der niedersächsischen Initiative werde nun auch innerhalb der Koalitionsparteien in Berlin die Debatte um den Industriestrompreis in Gang gebracht.
SPD und Grüne stellen eigenes Konzept für günstigen Industriestrom vor
Die Landesregierung hat am Mittwoch in Hannover ein Konzept für einen staatlich garantierten Energiepreis für Industrieunternehmen vorgelegt. Dieser sollte bei sieben Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden und spätestens zum 1. Januar 2024 eingeführt werden. "Wir wollen mit unserem Vorschlag dazu beitragen, möglichst schnell neue Perspektiven für die energieintensive Industrie zu eröffnen", sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Die niedersächsische Industrie könne damit international wettbewerbsfähig bleiben. Ziel der rot-grünen Initiative ist es, dass die Unternehmen ihre Fabriken langfristig nicht ins Ausland verlagern. Denn in anderen Staaten ist Energie deutlich günstiger. Aktuell liegt der Preis für Unternehmen zwischen elf und 15 Cent pro Kilowattstunde. Der gedeckelte Preis von sieben Cent soll für zehn Jahre gelten. Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen derzeit etwa 30 Cent für eine Kilowattstunde Strom.
CDU fordert schnellere Hilfen
Der niedersächsische CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner nannte den Vorschlag der rot-grünen Landesregierung in einer Stellungnahme "sehr überfrachtet". Man habe kein Defizit an Vorschlägen, sondern ein Defizit bei der Umsetzung, so Lechner. Das Konzept der Landesregierung müsse zunächst noch mit der EU abgestimmt werden, man benötige jedoch eine schnelle Umsetzung von Industriehilfen nach geltendem EU-Recht, am besten in den nächsten Wochen und nicht erst im kommenden Jahr, um Stahl-, Chemie- und Elektroindustrie zielgerichtet unterstützen zu können, kritisiert der CDU-Politiker.
Landesregierung spricht von "Transformationsstrompreis"
Die Landesregierung nennt das Konzept "Transformationsstrompreis". Der Kreis der möglichen Nutznießer solle auf Unternehmen eingegrenzt werden, die sich selbst in der Transformation befänden, heißt es. Das könne bedeuten, dass Betriebe stufenweise Strom aus fossilen Energieträgern durch Strom aus erneuerbaren Quellen ersetzen. "Vom massiven Ausbau der kostengünstigen erneuerbaren Energien müssen Unternehmen profitieren, die eine klare Transformationsstrategie der Dekarbonisierung verfolgen oder einen steigenden Anteil klimaneutraler Energien nutzen", sagte Umweltminister Christian Meyer (Grüne).
25 Prozent Förderung von klimafreundlichen Investitionen
Das Land will zudem Unternehmen finanziell helfen, die in die Klimafreundlichkeit ihrer Betriebe investieren. Es geht zum Beispiel um den Kauf von Solarmodulen, Wärmepumpen, Windturbinen, Elektrolyseuren und Batterien für eine nachhaltige Produktion. Solche Investitionen sollen mit bis zu 25 Prozent gefördert werden. So schaffe man Anreize, damit Deutschland bei den Zukunftstechnologien, bei nachhaltiger Wertschöpfung und den damit verbundenen neuen, guten Arbeitsplätzen vorne mit dabei bleibe, sagte Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD).
Niedersachsen will das Thema auf Bundesebene vorantreiben
Es gebe zum Industriestrompreis einen einstimmigen Beschluss der Energieministerkonferenz der Länder, sagte Umweltminister Meyer. Zudem würden im Bundesrat zwei Anträge behandelt, die Niedersachsen unterstützen würde. "In Berlin müssen nun rasch Entscheidungen getroffen werden", so Ministerpräsident Weil. Sollte sich die Bundesregierung dazu entschließen, einen gedeckelten Industriestrompreis einführen zu wollen, müsste noch die Europäische Union (EU) zustimmen. "Eine politische Entscheidung, die auch nur dann herbeizuführen ist, wenn mit den anderen europäischen Industrieländern, die dieselben Probleme haben, an einem Strang ziehen", so Weil weiter.
Ökonomen sehen subventionierten Strompreis für Industrie kritisch
Die große Frage ist, wie die EU-Kommission das Modell sieht. Der staatliche Eingriff in den Strommarkt könnte gegen europäische Beihilferegeln verstoßen. Auch viele Ökonomen sehen einen möglichen subventionierten Strompreis für die Industrie kritisch. "Ich bin etwas skeptisch, ob das die richtige Strategie ist", sagte die Top-Ökonomin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft wird noch deutlicher: "Das ist keine vernünftige Standortpolitik", so der Volkswirt. "Wirtschaftspolitik ist nicht dazu da, einzelne Branchen am Leben zu erhalten." Damit sei auch dem Gemeinwohl nicht gedient. Denn die Subventionen müssten ja anderswo erwirtschaftet oder eingespart werden.