Gastronomie muss Mehrweg anbieten: Idee gut, Umsetzung mangelhaft
Seit gut fünf Monaten sind Anbieter von Speisen und Getränken im To-go-Bereich verpflichtet, ihren Kunden Mehrwegbehältnisse anzubieten – mit bisher geringem Erfolg. Die Umsetzung zeigt: Es gibt Nachbesserungsbedarf.
Unterwegs schnell einen Kaffee auf die Hand mitnehmen und den leeren Pappbecher kurze Zeit später in den nächsten öffentlichen Mülleimer werfen. Einwegbehälter im To-go-Bereich erzeugen jährlich eine große Menge an Müll und verschwendeten Ressourcen, die die Politik seit dem 1. Januar 2023 mit der Mehrwegangebotspflicht zu reduzieren versucht.
Nicht alle To-go-Anbieter sind verpflichtet
Mehrwegalternativen zu Pappbecher und Plastikschüssel müssen alle To-go-Anbieter bereitstellen, deren Ladenfläche größer ist als 80 Quadratmeter und die mehr als fünf Mitarbeitende haben - in der Regel sind das vor allem Restaurants, Lieferdienste, Kantinen, Cafés und Supermärkte. Auf Mehrwegangebote müssen sie "deutlich sicht- und lesbar mit Informationstafeln oder -schildern hinweisen", so das Umweltbundesamt. Daran scheitert es bisher oft. Viele Passanten etwa in der Braunschweiger Innenstadt mit To-go-Bechern in der Hand gaben auf Nachfrage an, sie seien beim Kauf nicht auf die Mehrwegalternativen hingewiesen worden.
Kritik: Bisher kein einheitliches Mehrwegsystem
Viele entscheiden sich aufgrund der Pfandhöhe aber auch bewusst gegen Mehrweg. Ein bis drei Euro Pfand sind es in Braunschweig durchschnittlich auf den Mehrwegbecher - zusätzlich zum Getränkepreis. Für den Kaffee to go macht das schnell mal fünf Euro.
Gastronomen sind frei bei der Wahl der Mehrwegbehälter. Die einen nutzen deutschlandweit angebotene Behälter, andere produzieren eigene. Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe sieht darin ein Problem: "Die Verbraucher sind frustriert, weil es zu viel Wirrwarr beim Mehrwegangebot gibt und nur eingeschränkte Rückgabemöglichkeiten. Es braucht einheitliche Systeme – wie beim Flaschenpfand im Supermarkt."
Bei vielen Gastronomen läuft Mehrweg schon gut
Und doch berichten einige Gastronomen bereits von einer recht hohen Mehrweg-Nachfrage. Auch Sylvester Timmreck, Betreiber des Braunschweiger Cafés "HERMANs". Er bietet Mehrweg seit Jahren neben Einweg an. Seine Kundschaft ist mit dem System vertraut. "Beim To-go-Geschäft von Kaffee, wo wir den Mehrwegbecher aktiv anbieten, sind es 50:50 - die eine Hälfte wählt Mehrweg, die andere Einweg."
Experten sind sich einig: Es muss nachgebessert werden
Dennoch herrscht größtenteils eine verhaltene Nachfrage. Um das zu ändern, müsste es laut der Deutschen Umwelthilfe nicht nur ein einheitliches Mehrwegangebot geben, sondern auch einen finanziellen Anreiz: Der Kauf von Speisen und Getränken in Einweg müsse teurer sein als in Mehrweg.
Das niedersächsische Umweltministerium sieht außerdem Nachholbedarf bei der Informationspflicht der Gastronomen. Dafür seien mehr Kontrollen notwendig. Wie die Stadt Braunschweig mitteilt, sei bei ihr dafür der Fachbereich Umwelt zuständig - der könne aber aktuell nur Beschwerden nachgehen, weil das Personal fehle.
Müllaufkommen reduzieren - Ziel bisher verfehlt
Mit dem Mehrwegangebot den Verpackungsverbrauch reduzieren und damit Ressourcen sparen und Müll sparen vermeiden - das ist das politische Ziel hinter der Mehrwegangebotspflicht. Bei einem Spaziergang durch die Braunschweiger Innenstadt fällt auf: To-go-Pappbecher sind noch allgegenwärtig. Auch der kommunale Abfallentsorger ALBA bestätigt diesen Eindruck: "Seit Einführung der Mehrwegangebotspflicht gibt es keine positiven Effekte bei der Sammelmenge aus dem öffentlichen Raum. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Sammelmenge Stand heute sogar gestiegen."