Der "Führerschein mit 17" wird 20 Jahre alt
Vor 20 Jahren wurde der "Führerschein mit 17" eingeführt. Dank des begleiteten Fahrens ist das Unfallrisiko für Fahranfänger seitdem deutlich gesunken. Fast vergessen: Zu Beginn waren viele gegen das begleitete Fahren.
Die Idee war umstritten. Jugendliche schon mit 17 hinter das Steuer zu lassen - das setzte vor 20 Jahren der damalige FDP-Verkehrsminister Walter Hirche in Niedersachsen durch. Der ADAC war dagegen. Der Autofahrerclub und andere Gegner des begleiteten Fahrens fürchteten, dass sich die Zahl der Unfallopfer erhöhen könnte. Doch das Gegenteil war der Fall. Die Befürworter der Idee, wie die Deutsche Verkehrswacht, behielten Recht. Das begleitete Fahren wurde zu einem Erfolgsmodell für Deutschland. Seit 2008 kann in jedem Bundesland der Führerschein mit 17 Jahren gemacht werden.
Risikogruppe: Fahranfänger zwischen 18 bis 24 Jahren
Über 20.000 Tote und Schwerverletzte in der Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren gab es in jedem Jahr in Deutschland. Alle Versuche, die hohen Unfallzahlen in dieser Altersgruppe zu reduzieren, blieben erfolglos. Das war die Ausgangslage mit der Niedersachsen 2004 mit dem Modellversuch "Begleitetes Fahren mit 17" - kurz BF17 - an den Start ging. Der Alleingang in Hannover war eine Reaktion auf die Ablehnung des Bundes. Eine eigens ins Leben gerufene Projektgruppe von Experten, die Deutsche Verkehrswacht und der Verkehrsgerichtstag in Goslar, hatte sich ausdrücklich für das Modell ausgesprochen. Dennoch lehnte es der Bund als nicht überzeugend ab.
Auto fahren mit 17: Zunächst nur ein Modellversuch in Niedersachsen
Die Einführung einer bundesweiten Regelung wurde immer wieder verzögert. Der damalige Verkehrsminister Walter Hirsche nutzte die breite Zustimmung im Land und setzte einen Modellversuch in Niedersachsen durch. Die Grundidee: Die Fahrausbildung mit 16,5 Jahren beginnen, ab 17 Jahren begleitet fahren und wertvolle Fahrpraxis sammeln. So sollten die Unfallzahlen in der Risikogruppe der 18 bis 24-Jährigen endlich gesenkt werden.
Zahlen belegen den Erfolg des Führerscheins mit 17
Eine Forschungsgruppe an der Justus-Liebig-Universität Gießen begleitete den niedersächsischen Modellversuch und legte im Juli 2007 ihren Abschlussbericht vor. Walter Hirche gab die Ergebnisse der wissenschaftlichen Auswertung am 12. Juli 2007 bekannt: Danach haben die Teilnehmer am niedersächsischen Modellversuch nach der Begleitphase 28,5 % weniger Unfälle verursacht und 22,7 % weniger Verkehrsverstöße begangen als Fahranfänger einer Kontrollgruppe, die den Führerschein regulär mit 18 Jahren gemacht hatten. Die positiven Auswirkungen des begleiteten Fahrens mit 17 waren damit eindeutig belegt. Verkehrsminister Hirche sagte: "Unsere anfangs vorsichtigen Erwartungen wurden weit übertroffen. Niedersachsen hat damit als Tempomacher für ganz Deutschland eine bundesweite Erfolgsstory geschrieben."
Aktuelle Studie: Weniger Unfälle wegen Führerschein mit 17
Das bestätigen auch Zahlen, die die Versicherung HUK-Coburg 2022 veröffentlichte: Bei jungen Autofahrern sei die Schadenhäufigkeit 25 Prozent geringer, wenn sie bereits mit 17 Jahren den Führerschein gemacht haben und am begleiteten Fahren teilgenommen haben. Am stärksten sei der Effekt bei 18- und 19-Jährigen zu erkennen: Wer 17-jährig mit einem Erwachsenen in Begleitung gefahren ist, vermindert sein Risiko einen Unfall zu verursachen um 28 Prozent im Vergleich zu Führerscheinneulingen, die erst mit 18 Jahren und ohne Begleitung fuhren.
Statistiken belegen: Begleitetes Fahren ab 17 ist ein Erfolg
Auch der ADAC bestätigt 2023 einen Rückgang der Unfälle, die durch junge Fahrer verursacht werden. Während im Jahr 2008 noch mehr als jeder dritte Unfall innerhalb der ADAC-Unfalldatenbank von einem Fahranfänger verursacht wurde, war es 2019 nur noch jeder Fünfte. Verantwortlich dafür - so der Automobilclub - sei vor allem das Programm "Begleitetes Fahren ab 17".
Ampel-Koalition plant Fahren ab 16
Die Ampel-Koalition plant, zukünftig das Autofahren bereits mit 16 Jahren zu ermöglichen. Hierzu wäre allerdings eine entsprechende Änderung der Führerscheinrichtlinie auf EU-Ebene notwendig, und dafür müsste ein Modellversuch die Unterstützung weiterer EU-Staaten finden. Dafür plädiert auch Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies. Er kann sich vorstellen, das begleitete Fahren ab 16 zu ermöglichen und das Erfolgsprojekt auszuweiten: "Das Argument, dass viele junge Leute zum Beispiel wegen schulischer Belastung die mögliche Zeitspanne zwischen 17 und 18 Jahren nicht voll ausschöpfen, ist nicht von der Hand zu weisen."
Europäische Kommission muss Führerschein mit 16 zustimmen
Bei den Plänen zum Führerschein mit 16 wiederholt sich die Geschichte: Das Bundesverkehrsministerium hatte sich nach eigenen Angaben bei der Europäischen Kommission für ein Modellvorhaben eingesetzt – und dabei auf die "positiven Erfahrungen mit dem begleiteten Fahren ab 17" verwiesen. Dieser Bitte sei jedoch nicht entsprochen worden. Fest steht: Die Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP möchte begleitetes Fahren ab 16 ermöglichen und hatte das Vorhaben in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Ob und wann es umgesetzt wird, ist derzeit aber noch unklar.