Cybercrime-Betrug in Millionenhöhe: Hauptverdächtige in Haft
Ermittler aus Niedersachsen haben international agierenden Cyberkriminellen das Handwerk gelegt. Fünf Tatverdächtige wurden festgenommen. Der Schaden soll bei knapp 90 Millionen Euro liegen.
Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Braunschweig sprach Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) in diesem Zusammenhang von einem beeindruckenden Ermittlungserfolg gegen die organisierte Kriminalität. Der Einsatz zeige, dass die Polizei mit Technik und Experten in der Lage sei, solche Fälle auch über Ländergrenzen hinaus aufzuklären. Nach jahrelangen Ermittlungen zum millionenschweren Anlagebetrug waren zuvor in mehreren Ländern fünf Hauptverdächtige festgenommen worden. "Damit haben wir die Führungsriege empfindlich getroffen", sagte Manuel Recha von der Staatsanwaltschaft Göttingen am Donnerstag.
Ermittlungen wurden aus Niedersachsen gesteuert
Fast 160 Einsatzkräfte in vier Staaten, darunter Experten der Braunschweiger und Rostocker Polizei, waren mit verschiedenen ausländischen Spezialkräften unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Göttingen in Zusammenarbeit mit Eurojust sowie Europol bereits am 22. März ausgerückt. Die jahrelangen Ermittlungen gegen das weltweite Betrugssystem wurden aus Niedersachsen gesteuert.
Mehr als 5.500 Geschädigte allein in Deutschland
In 55 Ländern gibt es nach Polizeiangaben mehr als 33.000 Opfer mit einem Schaden von mehr als 89 Millionen Euro. Für Deutschland gehen die Fahnder von mehr als 5.500 Betroffenen und einem Schaden von mehr als 22 Millionen Euro aus. Ende März schlugen die Ermittler bei einem sogenannten "Action Day" in Bulgarien, Rumänien, Georgien und Israel zu. Fünf Männer im Alter von 21 bis 51 Jahren wurden verhaftet. Es wird aber von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Insgesamt wurden mehr als zehn Terrabyte Daten sichergestellt und etliche Vermögenswerte eingefroren.
Prozess könnte vor dem Landgericht Göttingen stattfinden
"Wir sind vorsichtig zuversichtlich, dass wir die Beschuldigten noch in diesem Jahr anklagen können", sagte Staatsanwalt Recha bei der Präsentation des Fahndungserfolgs in Braunschweig. Bei den Verdächtigen handelt es sich demnach um zwei Israelis, zwei Rumänen und einen Bulgaren. Die Überstellung nach Deutschland soll in der kommenden Woche abgeschlossen sein. Der Gruppe droht ein Prozess am Landgericht Göttingen.
Cyber-Betrug soll konzernartig organisiert gewesen sein
Einzelne Geschädigte sollen bis zu einer Million US-Dollar verloren haben. Allerdings hätten etwa 90 Prozent der Opfer weniger als 5.000 Euro zur vermeintlichen Anlage in Vermögenswerte überwiesen. Die Täter hätten konzernähnliche, arbeitsteilige Strukturen gehabt, so Mario Krause, Leiter der Fachkommission Cybercrime in Braunschweig. "Eine Gruppe bietet dabei Geldwäsche an, andere Täter kümmern sich um die Marketing-Strategie."
Opfer wurden von Callcentern aus dem Ausland kontaktiert
Mit einem hohen logistischen Aufwand seien potentielle Opfer über gefälschte Nachrichtenseiten im Internet zu den Anlageportalen gelotst worden. Angebliche Prominente hätten auf diesen Seiten für Geldanlagen in Krypto-Währung geworben. Der Einstieg soll mit etwa 250 Euro sehr niederschwellig gewesen sein. Später seien die Opfer dann von Callcentern kontaktiert worden, um sie zu weiteren Zahlungen zu bewegen. Anschließend wurden angebliche Gewinne simuliert.
Göttinger löst Ermittlungen aus
Ein Mann aus Göttingen hatte die Ermittlungen Anfang 2020 ausgelöst. Er berichtete, dass ihm etwa 250.000 Euro durch Anlagebetrüger gestohlen worden seien. Schnell ergaben sich weitere Fälle etwa in Braunschweig. Das dortige Fachkommissariat Cybercrime übernahm im Auftrag der Göttinger Staatsanwaltschaft, die Zentralstelle für Internet- und Computerkriminalität ist.
Behrens will Arbeit der Polizei stärken
Innenministerin Behrens kündigte im Kontext des Ermittlungserfolgs an, die Kompetenzen der Polizei im Kampf gegen Cyberkriminalität stärken zu wollen. So soll es künftig eine zentrale Beweismittelcloud geben, sagte Behrens. Sie setze sich für die entsprechende Finanzierung ein.
Erster Erfolg für Ermittler im Oktober 2021
Bereits im Oktober 2021 war den Ermittlern ein ähnlicher Erfolg gelungen - bei einem ersten Schlag gegen die international agierenden Online-Anlagebetrüger in Bulgarien, den Niederlanden, der Ukraine und Zypern. Damals sollte ein vorläufig in Zypern festgenommener, mutmaßlicher Täter schnellstmöglich nach Deutschland ausgeliefert werden. Seinerzeit waren Computer, Laptops, Handys und weitere Speichermedien sowie Daten und Unterlagen sichergestellt worden. In den Folgemonaten konnten die Täterstrukturen sowie die einzelnen Taten weiter aufgeklärt werden, hieß es nun zu dem erneuten Ermittlungserfolg.