Wahlkampf: Zeitstress, Anfeindungen und zerstörte Plakate
Statt gut acht Monate haben die Parteien nur wenig Zeit, um sich für die Bundestagswahl aufzustellen. Das führt zu einigen Schwierigkeiten. Und viele Parteien müssen auch neue Wahlkampfstrategien entwickeln.
Es ist ein Wahlkampf der Extreme. Bei Schneefall und Minustemperaturen hängt Michaela Menschel Plakate in Hannover auf. Sie kandidiert für die CDU, will hier im Februar die meisten Erststimmen holen, um ein Ticket nach Berlin zu lösen. "Winterwahlkampf ist schon eine echte Herausforderung. Wir müssen uns dicke Sohlen für die Schuhe besorgen, damit wir überhaupt zwei Stunden draußen stehen können", sagt sie. Die Herausforderung sei aber nicht nur das Plakatieren bei winterlichen Temperaturen, viele Plakate würden zudem durch die Witterung zerstört werden. Durch die früh einsetzende Dunkelheit werden viele Plakate zudem weniger gesehen.
Parteien mit neuen Wahlkampfstrategien
Nach 35 Jahren Wahlkampf im Sommer müssen die Parteien nun also umplanen. Wie sehr, zeige sich auch bei den Wahlkampfständen, erzählt Greta Garlichs, Landesvorsitzende der Grünen. "Man kann nicht so lange an den Ständen stehen, die Leute sind nicht so viel auf der Straße unterwegs, wie es zum Beispiel im Frühjahr, Herbst oder eben im Sommer der Fall gewesen wäre. Deswegen haben wir mit den Küchentischgesprächen neue Formate ins Leben gerufen", erzählt sie.
Wie das aussehen kann, zeigt ein Besuch von Grünen-Politiker und Kanzlerkandidat Robert Habeck vergangene Woche in Lüchow. Die Veranstaltung: eine Alternative zum politischen Dialog auf der Straße. Doch Räume mieten, Personal finden, Verpflegung organisieren - all das sei im verkürzten Wahlkampf eine enorme Herausforderung.
Parteien berichten von zerstörten Wahlplakaten
"Die Stimmung ist deutlich aufgeheizter als in den vergangenen Jahren", sagt Greta Garlichs. Das sei insbesondere in den sozialen Medien spürbar, aber auch auf der Straße. So berichten alle Parteien bereits jetzt von zerstörten Wahlplakaten. "Noch hängen nicht alle Plakate. Ein Fazit können wir deshalb erst nach dem Wahlkampf ziehen", sagt AfD-Spitzenkandidat Dirk Brandes. Es sei aber erkennbar, dass auch in diesem Jahr wieder Plakate von den Laternen gerissen werden. Deswegen werden sie die Plakate bewusst weiter oben aufhängen. Aber nicht nur die AfD ist betroffen. So berichten auch die CDU in Lüneburg und die SPD im Landkreis Harburg von gezieltem Vandalismus. Anfeindungen auf der Straße melden die Parteien bislang hingegen nicht.
Regionale Unterschiede beim Plakatieren
Die Fristen für das Anbringen von Wahlplakaten variieren je nach Gemeinde. In vielen Städten dürfen Plakate laut Landeswahlleitung in der Regel aber acht Wochen vor der Wahl aufgehängt werden. Nur war das vielerorts eben noch nicht möglich. "Es ist natürlich der Wahnsinn, der mit so einer Logistik einhergeht. Man muss sich vorstellen, in ganz Deutschland bestellen dutzende Parteien Millionen von Plakaten", sagt Knud Hendricks, Finanzverantwortlicher der SPD in der Region Hannover. Sie plakatieren aktuell zum zweiten Mal in der Landeshauptstadt. Es habe aber auch Vorteile, spät zu plakatieren: "Wenn man der letzte ist, der plakatiert, hängen die Plakate immer unten, auf Augenhöhe der Leute."