Sendedatum: 20.02.2018 21:15 Uhr

Autoknacker in Niedersachsen: Rechtsfreier Raum?

von Leonie Puscher und Kaveh Kooroshy

Schneverdingen in der Lüneburger Heide. Eigentlich ein sehr beschaulicher Ort. Doch seit Ende Oktober vergangenen Jahres muss die Polizei fast täglich ausrücken. Denn es werden reihenweise Autos aufgebrochen. Alle Sachen, die nicht fest eingebaut sind, werden gestohlen. Die Masche ist immer gleich: Mit einem Feldstein wird die Scheibe eingeschlagen.

VIDEO: Autoknacker in Niedersachsen: Rechtsfreier Raum? (8 Min)

Es handelt sich um eine Serie

Inzwischen sind in Schneverdingen 66 Autos aufgebrochen worden. Und das in nur knapp vier Monaten. Die zuständige Polizeiinspektion Heidekreis teilt Panorama 3 mit, dass es sich bei dieser Serie für Schneverdingen um eine Ausnahme handelt. Gerade deswegen sind die Bürger im Ort sehr verunsichert. "Man überlegt schon, wo man sein Auto hinstellt, vor allem, das man nichts drin liegen lässt, es darf ja nicht mal eine Jacke oder ein Turnbeutel vom Kind drinliegen" erzählt uns eine Frau auf dem Wochenmarkt. Und eine andere Frau sagt: "Wir sind der Meinung, dass wir polizeilich unterbesetzt sind. Da es in erster Linie nachts passiert und die Polizei zu wenig präsent ist, ist das nicht sehr schön."

Es gibt einen dringenden Tatverdächtigen

Peter Hoppe © NDR Foto: Screenshot
Peter Hoppe ist Dienststellenleiter der Polizei in Schneverdingen. Einen Verdächtigen haben er und seine Kollegen ermittelt, aber noch nicht festgenommen.

Die Polizei in Schneverdingen hat Verständnis für die Bürger. "Natürlich ist das blöd für uns, weil die Bevölkerung nicht mitkriegt, wie wir arbeiten und woran wir arbeiten", sagt Dienststellenleiter Peter Hoppe. Aber so sei die Ermittlungsarbeit, man müsse die Fälle erst ordentlich ausermitteln, um bei der zuständigen Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl zu beantragen.

Dabei gibt es bereits seit November einen dringenden Tatverdächtigen. Denn einmal wurde der Täter sogar auf frischer Tat ertappt. Aber die Polizei musste ihn trotzdem wieder laufen lassen. Die Tat alleine reichte nicht aus, um ihn festzuhalten. Seitdem verdichtet sich die Ermittlungsarbeit auf diese eine Person. Dienststellenleiter Peter Hoppe kommentiert gegenüber Panorama 3: "Wir sind der großen Überzeugung, dass er zu dem Gesamtkomplex als Täter in Frage kommt."

Staatsanwaltschaft unternimmt nichts

Erich Gevers © NDR Foto: Screenshot
1.200 Euro Sachschaden entstand am PKW von Erich Gevers.

Ein Verdacht, der sich in der Kleinstadt schnell rumspricht. Einbruchsopfer Erich Gevers hat es sogar direkt von der Polizei gehört: "Die Polizei ist ja hier gewesen. Die haben gesagt, sie hätten einen Verdächtigen, aber sie können keinen festnehmen, weil man das nicht beweisen kann."  Für ihn frustrierend: bei ihm hat der Täter sogar zwei Scheiben eingeschlagen. Ein Sachschaden von ca. 1.200€. Gestohlen wurde bei ihm zum Glück nur eine Sporttasche.

Die zuständige Staatsanwaltschaft in Lüneburg kann auf die Panorama 3 Fragen, warum sich dieser Fall so hinzieht, keine Auskunft geben. Die zuständige Sachbearbeiterin sei erkrankt.

Währenddessen aber wurden in Schneverdingen weiter Autos aufgebrochen. "Steht ja heute gerade wieder in der Zeitung. Mittwoch zwei kaputt, Dienstag eines kaputt, am helllichten Tag. Wann das mal aufhört mit dieser Serie. Der macht ja anscheinend immer weiter", wundert sich Erich Gevers.

Am 20. Februar wurde gegen den potentiellen Autoknacker Haftbefehl erlassen.

Weitere Informationen
Automarkt in Litauen

Die Autoklauer

Der moderne "Dietrich" ist unscheinbar - aber effektiv: Mit dem kleinen Kasten kann unser Reporter spurlos in fast jedes Auto einbrechen. Der Beginn einer Recherche auf den Spuren der Autoklauer. mehr

Aufgebrochenes Auto © Autobild

Autoknacker-Banden: Navis im Visier

Autoknackerbanden haben es auch auf Airbags und Navi-Geräte abgesehen. Die Diebe kommen oft aus Osteuropa. Besonders betroffen sind Wohngebiete entlang der Autobahn. mehr

Aktenberg © NDR

Überforderte Richter: Kein Prozess, kein Urteil, keine Strafe

Die Staatsanwaltschaft ermittelt, klagt an - und dann geschieht jahrelang so gut wie nichts. Was passiert, wenn Gerichte überfordert sind. mehr

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 20.02.2018 | 21:15 Uhr

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Kreuz auf einem Wörterbuch mit dem Wort Missbrauch. © picture alliance / Bildagentur-online/Ohde Foto: Bildagentur-online/Ohde

400.000 Euro Schmerzensgeld: Prozess gegen katholische Kirche

Es ist der erste Prozess seiner Art in Niedersachsen: Ein Betroffener klagt auf Schmerzensgeld gegen das Bistum Hildesheim. mehr