Autoknacker-Banden: Navis im Visier
Sie kommen nachts, sind gut organisiert und nehmen sich in Norddeutschland ganze Wohngebiete entlang der Autobahnen vor: Autoknackerbanden. Vorrangig haben sie es auf Navigationsgeräte abgesehen, oft klauen sie aber auch Airbags, teure Xenonscheinwerfer und Lenkräder.
Täter kommen immer wieder
"Dreimal ist mein Wagen aufgebrochen worden, in weniger als anderthalb Jahren. Dreimal alles raus, Airbags, Klima, Navi.", berichtet Dietmar L. aus dem niedersächsischen Sarstedt. Der rein finanzielle Schaden für ihn: 1.000 Euro, den Rest hat die Versicherung übernommen. Doch es bleibt die Angst, dass die Täter noch einmal zuschlagen. Nur wenige Häuser weiter: auch Gerhard D. ist zweimal Opfer der Autoknacker geworden. Er hat inzwischen eine Überwachungskamera installiert. Denn alle wissen, die Banden werden wieder kommen.
Polizei macht Druck
Die Autoknacker stammen nach Angaben der Polizei oft aus Osteuropa und sind straff organisiert. Nun versuchen die Beamten den Druck auf mutmaßliche Täter zu erhöhen. So führten Ende Oktober Dutzende Polizisten, darunter Zivilfahnder, eine Schwerpunktkontrolle gegen KFZ-Aufbrüche durch, kontrolliert wurden von Hildesheim bis Hannover auffällige Personen und Fahrzeuge. Täter konnten dabei allerdings nicht gefasst werden. Die Polizei jagt einen unsichtbaren Feind. Die Täter spähen die Tatorte aus und brauchen in der Nacht nur wenige Minuten, um ein Fahrzeug auszuplündern, dann ziehen sie weiter und kommen erst nach einigen Wochen oder Monaten wieder. Kristin Schuster von der Polizei Hildesheim fordert die Bevölkerung zur Mithilfe auf: "Wenn sich Unbekannte auffällig in einem Wohngebiet für fremde Fahrzeuge interessieren, dann sollten Anwohner die Polizei informieren."
Lukrative Bandenkriminalität
Claudius Maintz von der Zeitschrift "Auto Bild" hat recherchiert, wie organisiert diese Beutezüge sind und wo das Diebesgut eigentlich landet. "Ich wollte wissen, wenn es so oft passiert, wo gehen die Dinger hin, wie sind die Vertriebswege der Automafia und ich wollte vor allem wissen, wie ist das ganze organisiert." Maintz hat ein Navigationsgerät mit einem Peilsender ausgestattet. Nach zehn Monaten wurde das Auto dann aufgebrochen und das Navigationsgerät war weg. Nun konnte er den Weg verfolgen: Pinneberg, Riga, Helsinki, Paris, Hongkong, Vietnam, China. Eine Weltreise von 18.000 Kilometern. Sogar den neuen Besitzer konnte er in China ausfindig machen. Der will nichts davon gewusst haben, dass es sich um Hehlerware handelt. Dabei sei "China ein riesiger Absatzmarkt für geklaute Autoteile", ist sich Claudius Maintz sicher. Gestohlene Navis würden auf Paletten mit anderen gestohlenen Fahrzeugteilen verschifft, quasi im Paket verkauft. Und so ein Paket habe dann schon mal einen Wert von 900.000 Euro.
BMW beliebtes Ziel
Nach seriösen Schätzungen sind mehr als die Hälfte der ausgeplünderten Fahrzeuge BMW. Kein Wunder, denn BMW- Navis sind lediglich mit wenigen Standardschrauben gesichert. Und wenn sie gestohlen sind, lassen sich danach mühelos in ein anderes Fahrzeug einbauen und sind oft nicht einmal mehr als geklaut zu erkennen. Das gilt besonders für Navis, die nach einem ersten Diebstahl verbaut wurden. Reporter Claudius Maintz ist sich sicher, "da wurden noch nicht einmal die Seriennummern von BMW notiert". Deshalb würden die Diebe die Fahrzeuge gleich mehrfach ausräumen. Auf Anfrage von Panorama 3 teilt BMW mit, seit Sommer 2016 sei die "Sonderausstattung 'Navigation Professional' nur über die BMW Werkstätten freischaltbar." Das sei im Grunde schon früher so gewesen, diese elektronische Verriegelung sei jedoch überwunden worden. Das muss ebenfalls für andere Automarken gelten, denn auch die sind von Navi-Diebstählen betroffen. Offenbar ist das technische Wettrüsten zwischen Autoherstellern und Autoknackern im vollen Gange.