Unendliche Geschichte: Rostocks Matrosendenkmal bleibt Baustelle
Seit gut zehn Jahren ist der Platz rund um das Matrosendenkmal im Rostocker Stadthafen gesperrt und wird es wohl auch noch eine Weile bleiben. Ein Unding, finden die Grünen und der maritime Rat der Stadt.
An die Novemberrevolution von 1918, die damals zum Sturz der Monarchie führte, soll die Bronzeskulptur erinnern. Drei Jahre ist es noch hin, dann jährt sich die Einweihung des fast zehn Meter hohen Monuments zum 50. Mal. Bis dahin allerdings wird das Areal wohl noch immer eine Baustelle sein. So antwortete die Stadt auf eine Anfrage von Uwe Flachsmeyer. Der Vorsitzenden der Rostocker Grünen kann das nicht nachvollziehen: "Die Standsicherheit ist doch jetzt gesichert, auch die Räumlichkeiten rundherum sind sozusagen fertig." Und Hans Joachim Haase, Vorsitzender des Maritimen Rats, ärgert sich: "Es ist für mich eine Schande, wie wir mit dem maritimen Erbe der Stadt umgehen."
"Fast jeder Rostocker hat persönliche Beziehung zur Skulptur"
Doch die Lage ist vertrackt, so Thomas Werner vom Denkmalpflegeamt. Neben seinem Schreibtisch steht eine große Plastikkiste mit Ordnern und Dokumenten zum Matrosendenkmal. Auch er hat eine persönliche Beziehung zu dem Monument. "Irgendwie hat die wohl fast jeder Rostocker. Der große Platz davor war ja zu DDR-Zeiten die einzige innerstädtische Fläche an der Warnow, die man als Bürger betreten konnte. Der heutige Stadthafen war Sperrgebiet, daneben die Neptun Werft." Heiß sei es dort im Sommer immer gewesen und die sozialistischen Veranstaltungen im sogenannten Traditionskabinett im Sockel der Skulptur elendig langweilig. Heute ist es genau dieses Kabinett, das der Stadt die meisten Probleme bereitet.
Kampf gegen Schwitzwasser
Immer wieder war diskutiert worden, ob der marode Bau saniert und neu genutzt werden kann. Doch Werner winkt ab: Er müsse abgerissen und als Bestandteil des Denkmals neu errichtet werden. Und auch dann werde es höchstens als Geräteraum taugen. "Das Raumklima an diesem Standort war schon immer ein Problem, weshalb das Kabinett bis auf eine ganz kurze Zeit immer nie durchgängig, sondern immer nur für Veranstaltungen geöffnet war." Eine Schwierigkeit, mit der auch die Skulptur selber kämpft. Werner vergleicht sie mit einem Schokoladenweihnachtsmann, einem Hohlkörper also. Von der Warnowseite im Norden ist sie meist kühl, von der Südseite erhitzt sie sich bei Sonnenstein so stark, dass sich im Inneren Schwitzwasser sammelt. Selbst nach der Sanierung tüftelt die Stadt darum weiter an einem Plan, wie sie langfristig gegen neue Schäden geschützt werden kann.
Abriss funktioniert nur von der Warnow aus
Was den Abriss des einstigen Traditionskabinetts angeht, bremst eine weitere Hürde die Arbeiten: Er sei nämlich nur von der Warnowseite aus möglich, andernfalls müsse die L22, die meistbefahrene Straße der Stadt, über mehrere Tage gesperrt werden. Werner: "Der Abriss muss sehr vorsichtig gemacht werden, da kann man nicht mit ganz grobem Gerät ran." Denn schließlich sollen die Matrosen und auch ein Relief zu ihren Füßen erhalten bleiben. Alternativ setzen die Planer auf eine neue Promenade mit Sitzplätzen direkt am Fluss. Die Aufschüttung in der Warnow, auf der sie entstehen soll, wäre gut nutzbar, um zuvor den Abriss zu bewerkstelligen. Das Problem: Die Arbeiten verzögern sich, weil Rostock zuerst den Hochwasserschutz im Stadthafen verbessern will - ein langwieriger Prozess.
"Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg"
Für den Maritimen Rat sind das alles Ausreden. Hans-Joachim Hasse, der selber langjähriger Vorsitzender der Immobiliensparte der Seerederei war, versichert: "Ich weiß, wie man Projekte realisiert und baut und was alles möglich ist und gerade heutzutage auch mit technischen Dingen möglich ist. Also wo ein Wille ist, ist auch ein Weg." Der Wille aber sei ganz einfach nicht da. In seinen Augen würde es auch genügen, eine vorübergehende Lösung zu finden, um das Areal zumindest für das Jubiläum in drei Jahren wieder zugänglich zu machen. Doch auch das hält Thomas Werner nicht für realisierbar. Denn dann müsste ganz neues Pflaster verlegt und Treppen gebaut werden - zu teuer für ein Provisorium.