Streit unter Nachbarn: Gerichte in MV häufiger gefragt
Der Ast über dem Zaun, die laute Grillparty oder die zugeparkte Zufahrt: Es gibt viele Gründe, die das Verhältnis unter Nachbarn belasten können. Mancher Streit wird vor Gericht ausgefochten. Doch so weit muss es nicht kommen, meint Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke).
Nachbarschaftsstreitigkeiten machen an den Amtsgerichten Mecklenburg-Vorpommerns nur einen geringen Teil der Verfahren aus, doch ziehen die Menschen hierzulande mit solchen Sachen häufiger vor Gericht als in vielen anderen Bundesländern. Laut Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerium wurden im Vorjahr landesweit 163 Nachbarschaftsstreitigkeiten vor Gericht entschieden - das sind 14 mehr als im Jahr zuvor. Insgesamt waren 1,6 Prozent der 10.200 Zivilverhandlungen Verfahren, die sich mit Streit zwischen Nachbarn beschäftigen. Im Bundesdurchschnitt habe der Anteil bei 0,9 Prozent gelegen.
Weniger Streitigkeiten in Hamburg und Berlin
Den Durchschnitt drücken dabei vor allem Stadtstaaten wie Hamburg und Berlin, in den es allein schon wegen der Siedlungsstruktur weniger Streit um überhängende Äste oder krähende Hähne geben dürfte. Laut Statistik machten 2021 Nachbarschaftsstreitigkeiten dort nur 0,1 beziehungsweise 0,3 Prozent aller Zivilsachen aus. Wie aus der Statistik weiter hervorgeht, landeten vor zwei Jahrzehnten in MV noch etwa 300 Nachbarschaftsstreitigkeiten pro Jahr vor Gericht. Da damals aber auch die Gesamtzahl der Zivilverfahren mehr als doppelt so hoch war, lag die Quote ebenfalls zwischen ein und zwei Prozent.
Alternative zu Gericht: Schiedsstellen in Kommunen
Justizministerin Jacqueline Bernhardt wirbt dafür, Nachbarschaftsstreitigkeiten möglichst früh mit Gesprächen anzugehen. "Das wirksamste Rezept für ein friedliches und freundliches Miteinander in der Nachbarschaft bleiben Verständnis und Kommunikation", so die Ministerin. Wenn Nachbarn es schaffen, sich gegenseitig zu respektieren und zu helfen, dann würden sich beide Seiten auch schnell einig. Es brauche die Bereitschaft zu Dialog und Kompromiss. Eine Alternative zur Auseinandersetzung vor Gericht böten Schiedsstellen in den Kommunen. Landesweit stünden etwa 120 Schlichter bereit.
Umfrage: Lärm ist größter Störfaktor
Einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Ipsos aus dem Jahr 2019 zufolge glauben zwei Drittel der Deutschen, dass die Menschen in Deutschland seit der Jahrtausendwende weniger nachbarschaftlich geworden sind. Laut der Umfrage, für die 2.000 Menschen im Alter von 16 bis 70 Jahren befragt wurden, gilt Lärm als größter Störfaktor und Auslöser von Streit zwischen Nachbarn. Danach folgen Rücksichtslosigkeit etwa beim Parken und Unfreundlichkeit. Auch überhängende Bäume und wuchernde Hecken bieten immer wieder Anlass für Streit.