Rostocker Zoo: Das erste Jahr der Eisbären-Zwillinge
Die Mitte November 2021 geborenen Rostocker Eisbär-Zwillinge waren zur Geburt so groß wie Meerschweinchen. 18 Monate später bringen Skadi und Kaja jeweils um die 150 Kilo auf die Waage. Ein NDR Team hat die Tiere ein Jahr lang begleitet.
Sie sind mittlerweile fast so groß wie Ihre Mutter, die Eisbären-Zwillinge Kaja und Skadi im Rostocker Zoo. Die eine ist immer ein bisschen frecher, die andere immer ein bisschen schmutziger, weil sie sich so gern im Rindenmulch wälzt.
Rostocker Tierpfleger: Profis für Eisbärenzucht
Bei der Geburt im November 2021 waren die beiden so groß und so schwer wie Meerschweinchen. 18 Monate später bringen sie jeweils um die 150 Kilogramm auf die Waage. Dazwischen liegen für das Team um Matthias Petzoldt, genannt "Petz", Monate voller Bangen und Hoffen. "Es sind die ersten Jungtiere von Sizzel, es kommt schon mal vor, dass eine Eisbärenmutter ein Junges aus Versehen erdrückt", sagt der Revierleiter im Polarium. Seit 35 Jahren ist er Tierpfleger im Zoo. Die Rostocker sind Profis in Sachen Eisbärenzucht. Deshalb führen sie auch das internationale Zuchtbuch.
1956 kam der erste Eisbär in den Rostocker Zoo
1956 zog mit Olaf der erste Eisbär in der Rostocker Anlage ein. Der Bau der Bärenanlage von 1957 bis 1959 war die größte Baumaßnahme nach dem Zweiten Weltkrieg. Olaf begründete mit seinen Weibchen die erfolgreiche Eisbärenzucht. Die Kinder seines Sohnes Churchill gingen in die Zoos nach Dänemark, Holland, Finnland, nach Karlsruhe, Nürnberg, Bremerhaven. Lange war es üblich, die Bärenkinder nach ein paar Monaten von der Mutter zu trennen und in einem "Bärenkindergarten" aufzuziehen. Gemeinsam mit Braun- und Kodiakbärchen.
"Ein unglaublicher Moment" - Geburt in der "Wurfhöhle"
Heutzutage orientieren sich die Tierpfleger an der Natur. Zieht sich die trächtige Bärin in die "Wurfhöhle" - ein Areal hinter den Kulissen - zurück, wird sie sich selbst überlassen. Sie hat sich eine Fettschicht angefressen und braucht keine Nahrung mehr. Über einen Monitor in ihrem Aufenthaltsraum können die Tierpfleger jede Bewegung verfolgen - so auch die Geburt von Kaja und Skadi. Tierpflegerin Maria Schierstedt war auf diese Weise sogar live dabei. "Ein unglaublicher Moment", erzählt sie mit glänzenden Augen. Sie war es auch, die acht Wochen später zum ersten Mal in ihrem Leben ein Eisbärenbaby auf den Arm nehmen durfte - allerdings nicht zum Kuscheln, sondern zur Geschlechtsbestimmung. Sie und ihre Kollegen nutzten eine Zeit, in der die Eisbärenkinder gerade satt waren und die Mutter sich kurz ablenken und in eine andere Box locken ließ. Zwei Minuten dauerte die Aktion. Anschließend wurden die Kleinen mit dem Stroh in der Box abgerieben, um den Menschengeruch zu verdecken.
Überschwemmungen und gebrochenes Eis
Vier Wochen später signalisierte Eisbärenmutter Sizzel, dass es Zeit für Abwechslung war. Sie verlangte wieder regelmäßig nach Futter. Ihre Zwillingsmädchen sorgten hinter den Kulissen ständig für Überschwemmungen. Zu lustig fanden sie es, an den Wassertränken zu spielen. Anfang März 2022 zerschlugen Matthias Petzoldt und Maria Schierstedt vorsichtshalber das Eis auf dem Wasserbecken der Anlage. "Einem erwachsenen Eisbären macht es nichts aus, unter die Eisschicht zu tauchen. Ein kleiner Bär könnte sich erschrecken, orientierungslos sein und ertrinken", erklärt Petzoldt.
"Es gibt fast nichts Schöneres, als Eisbärenkindern beim Spielen zuzuschauen"
Beim ersten Ausgang machten die Eisbären ihrem Namen alle Ehre: Sie spielten mit den Eisschollen und tauchten immer wieder ihre Köpfe ins Wasser - manchmal verloren sie das Gleichgewicht und fielen vorne über. "Es gibt fast nichts Schöneres, als Eisbärenkindern beim Spielen zuzuschauen", erzählt Matthias Petzoldt lachend. Schon zehnmal hat er Eisbärenkinder aufwachsen sehen. Stundenlang könnte er auch an der Glasscheibe stehen und den Tieren beim Tauchen zusehen. "Doch leider haben wir dafür kaum Zeit", sagt Matthias Petzoldt. "Neulich haben wir von den Besuchern erfahren, dass Skadi und Kaja zum ersten Mal bis auf den Beckenboden getaucht sind."
Im Sommer 2024 ausgewachsen
Mit zweieinhalb Jahren, im Sommer 2024, sind die Eisbären-Zwillinge ausgewachsen. Irgendwann entscheidet dann das Europäische Erhaltungs-Zuchtprogramm, wo die Rostocker Weibchen mal mit wem für Nachwuchs sorgen werden. Vielleicht wird auch ein Eisbärenmann an die Ostsee verlegt. Genügend Platz und viel Erfahrung haben sie im Rostocker Zoo mit ihrem Wappentier.