Künstliche Intelligenz aus MV: Hilfreich in der Medizin
Von wegen "100 Jahre später": In Mecklenburg-Vorpommern arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure schon heute an Technologien von morgen wie etwa Künstlicher Intelligenz (KI) - zum Beispiel im Bereich der Medizin.
Sie schaut schneller und manchmal auch genauer hin als das ärztliche Auge - eine an der Universität Rostock entwickelte KI-Anwendung analysiert Röntgenbilder menschlicher Wirbelsäulen. Dafür hat ein Forscher-Team 11.000 anonymisierte MRT-Bilder in die Künstliche Intelligenz eingepflegt. In Sekundenschnelle gleicht sie nun Aufnahmen ab, erkennt Unregelmäßigkeiten und informiert behandelnde Ärzte. Die KI ist seit mehr als fünf Jahren in der Entwicklung. "Wir haben den Prototypen zusammen mit einem Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern geschaffen", berichtet Professor Marc-André Weber, Direktor des Rostocker Instituts für Radiologie. Im manchmal ziemlich stressigen Klinikalltag sei Arbeit mit KI sinnvoll: "Es hilft, wenn Künstliche Intelligenz eine Vorauslese trifft und sagt: Hier, auf diesen Bereich musst du besonders schauen."
KI erkennt Herzfehler
Sein Kollege Felix Meinel nutzt in seiner täglichen Arbeit bereits eine KI. Sie hilft ihm bei der Diagnose von Herzerkrankungen. Auf Röntgenbildern erkennt und markiert sie problematische Bereiche. "Früher mussten wir die Konturen des Herzmuskels in jeder einzelnen Schicht per Hand einzeichnen. Das war sehr mühsam, hat einige Minuten gedauert. Heute macht das die Künstliche Intelligenz für uns in wenigen Sekunden", sagt Felix Meinel. Der Professor für Kardiovaskuläre Schnittbildgebung hat am Erschaffen dieser KI mitgewirkt. Die gesparte Zeit komme nun vor allem den Patienten zugute.
Reha-Übungen mit Roboter "Pepper"
Mehr Zeit für Patienten - das ist auch das Ziel einer KI-Anwendung, die die Universitätsmedizin Greifswald geschaffen hat. Dort kümmert sich seit einiger Zeit Roboter "Pepper" um Schlaganfall-Patienten. Er leitet, überwacht und bewertet Reha-Übungen. Im Moment muss sich der Roboter einer klinischen Prüfung unterziehen. "Bei der schauen wir: Was ist der therapeutische Effekt? Wie ist die Akzeptanz bei Betroffenen? Gibt es unerwünschte Nebenwirkungen?", erzählt Professor Thomas Platz über sein KI-Projekt.
KI ist kein Ersatz, sondern Assistent für Menschen
Die Greifswalder Ergotherapeutin Anna-Maria Rämisch sieht Pepper vor allem als Entlastung. Es gebe immer mehr Schlaganfall-Patienten, aber nicht mehr Therapeuten. "Und da ist der Wunsch, dass er eingreift. Dass man hinkommen und sagen kann: Ich habe jeden Tag meine Therapie mit ihm." Ein kompletter Ersatz für menschliche Therapeuten soll Pepper aber nicht werden. Kann er auch nicht. Im Moment beherrscht Pepper nur Übungen bei leichten Armlähmungen. "Alles rechts und links neben diesem Zweck wird von der Technologie nicht abgedeckt. Er ist kein Therapie-Ersatz, es ist ein reiner Therapie-Assistent", schränkt Thomas Platz deshalb ein.
KI kein Wunderdoktor
Auch bei Krankheitsdiagnosen assistiert Künstliche Intelligenz bisher nur, denn Aussagen zu Ursachen und Therapiemöglichkeiten von Krankheiten sind oft sehr komplex. Sie beruhen auf vielen Daten, Befunden und Gesprächen, sagt der Rostocker Radiologe Felix Meinel. Dass eine KI alles zusammen bringen könne, sei auf absehbare Zeit nicht wahrscheinlich. Sein Kollege Marc-André Weber sieht es ähnlich. Er verweist zudem auf rechtliche Bedenken: "Die Verantwortung wird immer beim Radiologen liegen und nicht bei der KI." Eine Einschätzung, die der Greifswalder Thomas Platz teilt – nicht nur aus juristischen Gründen: "KI wird in der Medizin eine immer größere Rolle spielen. Wir sollten aber immer die Mensch-Mensch-Interaktion in den Mittelpunkt stellen." Trotz aller Fortschritte, die KI-Experten in Mecklenburg-Vorpommern machen: Künstliche Intelligenz ist kein Wunderdoktor.