Fischereigesetz-Novelle in MV: Kommt das Aus für den Karpfen?
Ist der Karpfen eine heimische Fischart oder nicht? An der Antwort auf diese Frage hängt viel für die Angler in Mecklenburg-Vorpommern. Sie befürchten, die Novelle des Landesfischereigesetzes könnte Karpfenbesatz künftig kategorisch ausschließen.
Rund 18 Tonnen Jungkarpfen setzen die Aktiven des Landesanglerverbands Mecklenburg-Vorpommern (LAV MV) jedes Jahr in ihre Seen - auf einer Gewässerfläche von mehr als 6.000 Hektar. Immerhin gilt der Karpfen als guter Speisefisch und auch aus anglerischer Sicht ist er eine Herausforderung. Das sagt Armin Butz, Vorsitzender des Regionalen Anglerverbands Altkreis Sternberg. "Der Karpfen ist ein sehr kampfstarker Fisch. Wenn man einen von 50 oder 60 Zentimetern an der Angel hat, dann muss man schon ganz schön Kraft aufwenden und es dauert auch seine Zeit, bevor man ihn entsprechend angelandet hat.“ Doch so einen Drill, befürchten die Angler, könnte es bald nicht mehr geben. Der Grund: Die Landesregierung plant, einen entscheidenden Satz aus dem Fischereigesetz zu streichen.
"Als heimisch gilt eine wildlebende Fischart auch, wenn sie verwilderte oder durch menschlichen Einfluss eingebürgerte Fische der betreffenden Art hier in freier Natur und ohne menschliche Hilfe über mehrere Generationen als Populationen erhalten." Landesfischereigesetz - LFischG M-V
Der Karpfen könnte dann als fremde Art gelten und dürfte nicht mehr besetzt werden.
Wildkarpfen noch nicht ganz verschwunden
Die Satzkarpfen, allen voran der Spiegelkarpfen, sind genau genommen kultivierte Arten. Der Mensch hat sie über Jahrhunderte hinweg gezüchtet und in Teichen und Seen aufgezogen. Seine Stammform, der Wildkarpfen, ist kaum noch zu finden. Er war im Donaueinzugsgebiet heimisch und hat - das haben Wissenschaftler herausgefunden - die obere Donau sowie die Oder- und Elbeeinzugsgebiete bereits zwischen dem sechsten und elften Jahrhundert besiedelt.
Der Urkarpfen ist dennoch nicht ganz verloren, erklärt Marco Röse, Gewässerwart des LAV MV, auch wenn hierzulande ausschließlich die für den Menschen optimierten Zuchtkarpfen leben. "Deswegen sind diese Karpfen jetzt in der Regel ein bisschen kürzer, dafür hochrückiger und die Schuppen wurden denen abgezüchtet." Aufgrund der Mendelschen Gesetze, der Genetik, erfolge bei der natürlichen Reproduktion eine Rückzüchtung. Die Schuppen und die stromlinienförmige Körperform des Wildkarpfens würden sich dann nach und nach über die Generationen wieder durchsetzen.
Besatz muss angemessen bleiben
Aus eigener Kraft jedoch könnten sich Karpfen in den meisten der heimischen Seen und Flüsse nicht halten, so Röse. Zu wenige Jungfische überlebten - besonders in Gewässern mit gutem Raubfischbestand. "Warum auch immer, der Hecht steht auf kleine Karpfen." Deswegen besetzt der gelernte Fischwirt auch nur dreijährige Karpfen, K3 genannt. Sie sind bereits etwas größer und mehr als ein Kilogramm schwer. Für die allermeisten Hechte seien diese Karpfen dann eine Nummer zu groß.
Der Karpfen richtet, anders als zum Teil angenommen, in der heimischen Unterwasserwelt hierzulande keinen Schaden an. Da sind sich Angler und führende Wissenschaftler einig. Voraussetzung dafür, so Röse: Der Besatz muss im Rahmen bleiben. "Es ist wie bei allem im Leben. Die Dosis macht das Gift." Der Fischwirt spricht dabei von der sogenannten Tragfähigkeit eines Gewässers. Sie besagt, wie viele Organismen, also auch wie viel Fisch das Ökosystem See überhaupt ernähren kann. Im Falle des Karpfens, der, nachdem er im See aufgewachsen ist, durch die Angler auch wieder entnommen wird, könne ein Gewässer sogar von überschüssiger Biomasse befreit werden. Sie wird beispielsweise durch Düngemittel aus der Landwirtschaft oder über Abwässer eingetragen.
Backhaus: "Für die Angler ändert sich nichts"
Für den LAV MV spricht daher alles dafür, sich für den Karpfen stark zu machen. Beim Anhörungsverfahren im Rahmen der Novellierung hat der Verband schriftlich Stellung zur Streichung der betreffenden Passage bezogen. Fischereiminister Till Backhaus (SPD) besteht dennoch auf der geplanten Änderung - als Mittel der Entbürokratisierung. Zugleich gibt er aber Entwarnung: "Der Karpfen ist hier heimisch geworden. Das heißt: Da, wo in der Vergangenheit besetzt wurde, kann auch in der Zukunft besetzt werden und insofern brauchen sich die Angler, der Landesanglerverband, hier keine Sorgen machen." Der Karpfen sei willkommen, ein toller Speisefisch und für die Angler ändere sich nichts, so der Minister.
Zunehmend bessere Bedingungen für Karpfen
Vielleicht ist ein Besatz bald auch gar nicht mehr nötig, sagt Marko Röse vom LAV MV. Dank Klimawandels und Renaturierung verbesserten sich die Bedingungen für den Karpfen. Der mag es nämlich warm: "Im Peenesystem und in der Elbe klappt die Reproduktion durch die Wiedervernässung von anliegenden Wiesen schon sehr gut." In Anklam beispielsweise werde gar kein Karpfen mehr besetzt, dennoch werde er gut gefangen. Dieser Prozess sei auch nicht aufzuhalten, so Röse.
Bedenken nicht aus der Welt geräumt
Mit den beschwichtigenden Worten von Fischereiminister Backhaus geben sich die Angler dennoch nicht zufrieden. Aus ihrer Sicht steht der Karpfen-Besatz rechtlich auf unsicheren Füßen. Die geplante Gesetzesänderung ermögliche "eine nicht vorhersehbare erweiterte Auslegung zur Einschränkung bis hin zum Verbot des Besatzes von Karpfen", heißt es in einer Reaktion des Landesanglerverbands. Für viele sei eben nicht vollends geklärt, ob der Karpfen auch dann noch als einheimische Art gilt. Die Novelle des Landesfischereigesetzes soll im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern noch vor der Sommerpause beschlossen werden.