Fangquoten in der Ostsee: Weiterhin harte Einschnitte
Die EU-Fischereiminister haben sich in Luxemburg auf die erlaubten Fangmengen für Fischer in der Ostsee im kommenden Jahr geeinigt. Die Fangverbote für Dorsch im westlichen Teil der Ostsee bleiben bestehen, starke Einschränkungen gibt es beim Hering.
Die EU-Staaten haben sich am Dienstag in Luxemburg auf die erlaubten Fangmengen für Fischer in der Ostsee im kommenden Jahr geeinigt. Aktuell darf Dorsch in der westlichen Ostsee - also auch im Fanggebiet vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns - nicht gezielt gefischt werden, sondern nur als Beifang in den Netzen landen. 2024 sinkt die für die westliche Ostsee erlaubte Fangmenge für deutsche Fischer um 30 Prozent auf 73 Tonnen, in der östlichen Ostsee bleibt sie unverändert bei 54 Tonnen. Insgesamt sind es 340 Tonnen. Diese Schutzmaßnahme soll die stark zurückgegangenen Bestände schonen. Beim Hering ist die Küstenfischerei nach Angaben des Thünen-Instituts in Rostock mit Stellnetzen und Kuttern unter zwölf Metern Länge weiterhin möglich.
Dorschfang: Keine Ausnahmen mehr für Freizeitangler
Für Angler galt bisher: ein Dorsch pro Tag. Im kommenden Jahr gibt es keine Ausnahme mehr für Freizeitangler, im westlichen Teil der Ostsee dürfen sie die Fische nicht mehr fangen. Für Axel Pipping, den stellvertretenden Geschäftsführer des Landesanglerverbandes MV, haben sich damit die Befürchtungen bewahrheitet, Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass sich der Dorschbestand in der Ostsee "wirklich in einem katastrophalen Zustand" befinde. "Der Bestand ist ja förmlich zusammengebrochen. Wir hätten uns zwar gewünscht, dass eventuell diese Möglichkeit weiter Bestand hätte, einen Dorsch zu angeln - aber wo keine sind, können auch keine geangelt werden." Er hoffe zwar, dass sich der Bestand erholt und man das Fangverbot irgendwann wieder aufheben könne, aber das sei erst einmal "Zukunftsmusik". Momentan deutet laut Pipping nichts darauf hin, dass sich der Dorschbestand in der Ostsee erholt. Der Deutsche Fischereiverband in Hamburg kritisiert das beschlossene Verbot der Freizeitfischerei auf Dorsch. Dies verursache "erheblichen sozioökonomischen Schaden, ohne einen entsprechenden Nutzen für den Bestand zu bringen".
Für Hering wurden die Fangquoten in den übrigen Teilen des Meeres deutlich reduziert, um 43 Prozent in der zentralen Ostsee und um 31 Prozent im Bottnischen Meerbusen zwischen Schweden und Finnland. Die Fangquoten für Lachs wurden im Norden der Ostsee dagegen leicht erhöht. Freizeitangler dürfen pro Tag weiter einen herangezogenen und in der Ostsee ausgesetzten Lachs aus dem Meer ziehen.
"Bitteres" Ergebnis für den Tourismus und Wirtschaftszweig Fischerei
Allein in Mecklenburg-Vorpommern wurden bisher 100.000 Fischereischeine ausgegeben, hinzu kommen die vielen Touristen für die gerade der Dorschfang einen "hohen Stellenwert" habe, so Pipping. Denn einen wirklichen Ersatz zum Dorsch gebe es neben den wenigen fischbaren Arten nicht. "Das ist natürlich bitter für den Tourismus und der kommt natürlich zum Erliegen." Auch für die Kutterbetreiber werde es schwer. "Die haben keine Motivation mehr rauszufahren."
Auch Mecklenburg-Vorpommerns Fischereiminister Till Backhaus (SPD) zeigte sich vom Ergebnis der EU-Entscheidung enttäuscht. Vor allem im Hinblick auf das "jahrhunderalte Kulturgut" der Kutter- und Küstenfischerei seien die Einschränkungen verheerend: Selbst eine Besserung der Rahmenbedingungen könne "den befürchteten Niedergang der Ostseefischerei nicht mehr aufhalten, da es bereits jetzt an Nachwuchs und an einer soliden wirtschaftlichen Basis fehlt". so Backhaus am Dienstag in Schwerin.
Reaktionen: "Guter Kompromiss", "keine auskömmliche Fischerei möglich"
Der Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann, bewertete die Beschlüsse als guten Kompromiss: "Die Minister haben berücksichtigt, dass die Fischbestände der Ostsee geschützt werden müssen, aber dass die Fischerei für Hering der westlichen Ostsee und Dorsch keine Rolle mehr spielt". Es gebe also keinen Grund, durch sehr knappe Beifangmengen auch die letzten Reste der Fischerei stillzulegen und damit das Ende dieses Wirtschaftszweiges zu besiegeln. Kritischer sieht das der Deutsche Fischereiverband: Die beschlossenen Mengen "lassen keine auskömmliche Fischerei mehr zu", heißt es in einer Reaktion.
Kleine Küstenfischerei darf noch Hering fangen
Lediglich die kleine Küstenfischerei, die mit Stellnetzen und Kuttern bis zwölf Metern Länge arbeitet, darf noch Hering fangen. Diese Ausnahme wollte die Europäischen Kommission streichen, Deutschland lehnte ab, da dieses Verbot den Hering kaum schützen, die Küstenfischerei aber in starke Bedrängnis bringen werde, so Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), der für Deutschland in Luxemburg dabei war. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es noch etwa 180 Haupterwerbsfischer, dazu zählen auch die Binnenfischer.