Ein Jahr Krieg in der Ukraine - Soldaten aus MV an der NATO-Ostflanke
Das Ansehen der Bundeswehr ist seit Beginn des Angriffskrieges gestiegen - und auch das Verständnis dafür, dass die Soldatinnen und Soldaten gute Ausrüstung brauchen. Auf der anderen Seite gibt es zu wenig Freiwillige für die geplanten Heimatschutz-Kompanien.
Fast jeder erinnert sich daran, wie er oder sie den Morgen des 24. Februar 2022 erlebt hat. Radio an oder ein schneller Blick auf die Nachrichten im Internet - und dann der Schock: Russland hat die Ukraine überfallen. Befürchtungen und Warnungen gab es, doch so recht geglaubt haben es wohl nur wenige: Krieg in Europa. Die Folgen spüren alle: gestiegene Preise für Energie und eine hohe Inflation. Am deutlichsten aber sind die Veränderungen für Frauen und Männer in Uniform. Auch Bundeswehrangehörige aus Mecklenburg-Vorpommern sind plötzlich nah am Kriegsgebiet - auf einem NATO-Übungsplatz in Litauen oder in einer Flugabwehrraketen-Einheit in Polen.
Zwei Generäle - zwei unterschiedliche Aufgaben
In der neuen Podcast-Folge von Dorf Stadt Kreis reden Host Annette Ewen und Reporter Christoph Kümmritz über den Krieg und seine Folgen. Dafür haben sie mit zwei Generälen gesprochen: Der eine ist Brigadegeneral Uwe Nerger, Chef des Landeskommandos Mecklenburg-Vorpommern und zuständig für den Heimatschutz. Und mit Brigadegeneral Christian Nawrat, Kommandeur der 41. Panzergrenadier-Brigade in Neubrandenburg. Er ist Kopf der 4.000 bis 5.000 Soldaten und Soldatinnen, die im Fall des Falles nach Litauen gehen und dort die NATO-Ostflanke verteidigen sollen.
"Die Litauer sagen: Stoppen wir Russland in der Ukraine nicht - dann sind wir die nächsten"
"Die Litauer sagen: Stoppen wir Russland in der Ukraine nicht - dann sind wir die nächsten", sagt ein junger Soldat aus Mecklenburg-Vorpommern während seines Einsatzes in Litauen. Er und seine Kameradinnen und Kameraden waren oder sind in Litauen, um die Nato-Ostflanke zu schützen. Die Stationierung ist nicht dauerhaft. Mehrere NATO-Länder schicken abwechselnd - in der sogenannten Rotation - Truppen nach Litauen, alle halbe Jahre wird gewechselt. Feste Kasernen gibt es nicht, es ist eine eine Art Übung, bei der die Soldaten größtenteils in Zelten leben und wenig Komfort haben. Begonnen haben diese Übungen bereits 2017, drei Jahre nach der Annektion der Krim. Mittlerweile läuft die dreizehnte Rotation. Mit dabei sind auch wieder Soldatinnen und Soldaten aus Mecklenburg-Vorpommern.
Keine Gewöhnung - aber professioneller Umgang
Das vergangene Jahr habe auch diese Einsätze verändert - nur 10 Kilometer entfernt von der Grenze zu Belarus, sagt ihr Chef, Brigadegeneral Christian Nawrat, Kommandeur der Panzergrenadier-Brigade in Neubrandenburg. Daran gewöhnen könne man sich schwer. "Wir sollten uns eigentlich eher an den Zustand des Friedens und der Entspannung gewöhnen", so Nawrat. Die Soldaten und Offiziere würden aber professionell mit der Situation umgehen. Kurzfristig in einen Einsatz geschickt werden, der auch länger dauert, das könne jederzeit passieren. Darüber sollten die Soldatinnen und Soldaten auch mit ihrer Familie und ihren Angehörigen und Freunden sprechen, sagt Nawrat - er selbst tue das auch.
Drei Heimatschutz-Kompanien bis 2025 - es fehlen hunderte Freiwillige
Brigadegeneral Uwe Nerger, Chef des Landeskommandos Mecklenburg-Vorpommern, hat nichts mit den direkten Einsätzen in Krisengebieten zu tun. Er koordiniert in Friedenszeiten die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und zivilen Stellen, beispielsweise bei Überschwemmungen und Waldbränden. Im Falle eines Angriffs würden seine Leute die kritische Infrastruktur im Land schützen, dazu gehören zum Beispiel öffentliche Gebäude, Häfen, Verkehrsknotenpunkte und Krankenhäuser. Dafür sollen drei Kompanien aufgestellt werden. 400 Freiwillige braucht man dafür, bislang gibt es jedoch nur rund 100, und einen großen Zulauf sehe er auch nicht, sagt General Nerger. Er beklagt, dass nur wenige Menschen bereit sind, ehrenamtlich etwas für die Gesellschaft und das Land zu tun. Nerger plädiert dafür, Menschen für einen Dienst an der Gesellschaft auch "behutsam verpflichtend" heranzuziehen. Ein Thema, zu dem im Podcast auch Host Annette Ewen und Reporter Christoph Kümmritz unterschiedliche Meinungen haben.