100 Tage von sieben Jahren – Rostocks Oberbürgermeisterin zieht Bilanz
Seit dem 1. Februar ist Eva-Maria Kröger (Die Linke) Oberbürgermeisterin in Rostock. Sie ist die erste Frau in der Geschichte der Hansestadt, die direkt in dieses Amt gewählt wurde. Von 100-Tage-Bilanzen hält sie selbst nicht viel, obwohl ihr von vielen Seiten ein guter Start bescheinigt wird.
Dass es Galeria Kaufhof in der Rostocker City noch gibt und gut 120 Mitarbeiter ihren Job behalten haben, das rechnen nicht wenige in der Stadt der neuen Oberbürgermeisterin (OB) Eva-Maria Kröger hoch an. Sie selbst macht wenig Wind darum, sagte, nachdem alles in Papier und Tüten war, lediglich: „Ich freue mich sehr, vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Heute ist ein guter Tag. Wir waren und sind mit dem Management in einem engen Austausch und diese Beziehung werden wir nun pflegen.“ Gepflegte Untertreibung oder Bescheidenheit? Auf jeden Fall, das ist nicht nur aus dem unmittelbaren OB-Umfeld zu hören, sei es ein gelungener Aufschlag im Amt.
Rückblick auf offene Baustellen
Eine Freundin dieses 100-Tage-Klamauks, wie sie das nennt, ist Eva-Maria Kröger nicht. Der sei albern, meint sie, weil diese paar Wochen einfach zu wenig seien, wenn man neu in der Stadtverwaltung ankommt und so viele Themen auf dem Tisch liegen. Zumal ihr Vorgänger, Kurzzeit-Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (damals parteilos), ihr manches hinterlassen habe, was sie gehofft hätte, nicht vorzufinden. Konkret geht es ihr da zum Beispiel um die städtischen Großprojekte, die nach dem BUGA-Desaster liegen geblieben sind. Obwohl es da den gerade von Bund und Land abgesegneten „Rostock Plan“ gibt, sei auch ohne Gartenschau wieder ordentlich Zeitdruck im System. Und bei der Idee einer „Digitalen Stadt“, die Claus Ruhe Madsen als Slogan auf dem T-Shirt in die Stadt getragen hatte, sei so viel auch nicht passiert, meint sie. Madsen habe die Leute in seiner Verwaltung einfach allein gelassen, sagt Eva-Maria Kröger.
Die Sorgen sitzen im Büro nebenan
Ein Haken, so Eva-Maria Kröger, sei nach 100 Tagen hinter keinem der städtischen Problemfälle zu machen. Zumal sich immer neue auftun. Wie zuletzt der öffentlich ausgetragene Streit um die Planungen zukünftiger Straßenbahnlinien in Rostock. Ein Projekt, das sie erst einmal gestoppt hat, um neu überlegen zu können. Oder den Ärger um den Hochwasserschutz im Stadthafen und die 60 Millionen Euro, die allein die Stadt für die Binnenentwässerung aufzubringen hätte. Viel Arbeit, jede Menge Termine und wenige freie Abende - aber nichts, was sie nicht schlafen lasse, sagt sie. Was ihr dann doch Sorgen bereitet, das ist die eigene Verwaltung. Der Krankenstand sei hoch - zu hoch, befindet die Verwaltungschefin. Nicht wenige Kollegen fühlten sich einfach ausgebrannt.
Politik und Verwaltung
Die Beziehung zur Bürgerschaft sei gut, meint die OB. Aber sie verändere sich. Der Seitenwechsel aus dem Saal ins Präsidium verändere auch die Sichtweise - auf beiden Seiten. Sybille Bachmann vom Rostocker Bund zeigt sich wohlwollend. Sie sagt: Endlich werde nicht mehr nur geredet, sondern auch gemacht. Nicht anders die Grünen-Fraktionschefin Andrea Krönert: Ein sehr guter Start, findet sie. Etwas zurückhaltender der SPD-Mann Thoralf Sens: Ja, die anstehenden Themen werden angepackt. Aber, Kommunalpolitik sei bekanntlich kein Sprint, sondern ein Marathon, mahnt er. Wie das Ergebnis nach sieben Jahren Amtszeit aussehen wird, da wagt auch die Oberbürgermeisterin keine Prognose. Was da hilft? "Wir müssen uns einfach ins Zeug legen", sagt sie bestimmt. Bis 2030 werde Rostock mit den Großprojekten, wie der Sanierung im Stadthafen, dem Landesmuseum oder der Warnow-Brücke ein großes Stück vorangekommen sein. Und das neue Volkstheater, das spielt dann schon zwei Jahre volles Programm, versichert sie aber dann doch noch.
Der Wind wird rauer
Doch auch Kritik wird laut nach diesen ersten hundert Tagen: Mehr Schein als Sein, findet die Chefin der CDU-Fraktion Chris Günther. Fehlendes Engagement könnte man der OB zwar nicht vorwerfen. Ihr Problem sei aber die Ideologie getriebene Rot-Rot-Grüne Mehrheit in der Bürgerschaft, die keine Realpolitik im Sinne der Mehrheit der Rostocker mache. Und Julia Kristin Pittasch von der FDP urteilt, dass Kröger bei wichtigen Stadtentwicklungsprojekten auf der Bremse stehe. Eva-Maria Kröger hört sich das gelassen an. Ohne Kritik komme man nicht voran, sagt sie. Protest sei Teil der Demokratie, das könne sie aushalten. Und, ihre Tür sei immer offen, wer Verbesserungsvorschläge habe, der könne sehr gerne vorbeikommen.