Stand: 05.11.2014 22:00 Uhr

Fragen und Antworten

Wieso ist Luxemburg ein Steuerparadies?
Luxemburg ist keine klassische Steueroase wie die Britischen Jungferninseln oder Samoa. Offiziell ist die Gewinbesteuerung (Körperschafts-, Gewerbeertrags- und vergleichbare andere Steuern) im Großherzogtum mit 29,22 Prozent in etwa so hoch wie in anderen EU-Ländern (Deutschland: 29,83; Frankreich: 36,1). Allerdings gibt es bestimmte Modelle, die die Steuerlast der betreffenden Unternehmen deutlich reduziert. Viele multinationale Konzerne haben Tochterfirmen in Luxemburg, über die sie ihre Konzerngewinne in Luxemburg versteuern – zu einem deutlich geringeren Steuersatz als in den Ländern, in denen die Gewinne erwirtschaftet werden.

Ist das legal?
Die Unternehmen verstoßen wohl in aller Regel nicht gegen geltendes Recht in den jeweiligen Ländern, in denen sie unternehmerisch tätig sind. Allerdings haben Steuerbehörden keine Möglichkeit dies wirklich zu prüfen, denn die Steuerabsprachen sind geheim. Im Falle von zwei Absprachen die öffentlich wurden (Fiat und Amazon) hat die EU-Kommission ein Verfahren gegen Luxemburg eingeleitet. Der Vorwurf lautet auf illegale Staatsbeihilfe. International gibt es Bestrebungen, gegen Gewinnverlagerungen von Unternehmen vorzugehen. Eine Maßnahme ist ein Aktionsplan der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen (Base Erosion and Profit Shifting, kurz: BEPS). Nach Worten des OECD-Generalsekretärs José Ángel Gurría geht es um rund zwei Billionen US-Dollar, die Konzerne und andere Steuerflüchtlinge weltweit in Steueroasen und Niedrigsteuergebiete verschoben haben.   

Wem schadet das?
Schaden entsteht vor allem in den Ländern, denen durch das Vorgehen der Konzerne Steuern entgehen. Der öffentlichen Hand steht weniger Geld für zum Beispiel soziale Projekte, die Gesundheitsversorgung und die Bildung zur Verfügung, aber auch für die Instandhaltung der Infrastruktur, die von den betreffenden Unternehmen genutzt wird. Die genaue Schadenshöhe ist nur schwer zu beziffern. Forscher gehen davon aus, dass dem deutschen Fiskus jährlich 20 bis 30 Milliarden Euro durch aggressive Steuertricks verloren gehen.

Welchen Nutzen zieht Luxemburg daraus?
Bereits im Jahr 1929 begann Luxemburg damit, grenzüberschreitend tätige Unternehmen die Ansiedelung im Großherzogtum durch Steuererleichterungen schmackhaft zu machen. Mittlerweile beläuft sich laut Branchenverband ALFI das in Luxemburg in Investmentfonds verwaltete Vermögen auf mehr als 2,6 Billionen Euro. Das Geld aus dem Ausland beschert den Luxemburgern das höchste Pro-Kopf-Einkommen in der EU und schafft Arbeitsplätze. Mehr als zwei Drittel der erwerbstätigen Bevölkerung arbeiten im Dienstleistungsbereich, zu dem auch die Bank- und die Unternehmensberatungsbranche zählen. Die Arbeitslosenquote ist im europäischen Vergleich sehr niedrig.

Was sind die Big Four und welche Rolle spielen sie?
Als die Big Four werden die vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Deloitte, Ernst & Young, KPMG und PricewaterhouseCoopers (PwC) bezeichnet. Nach EU-Angaben betreuen diese vier Unternehmen in den meisten europäischen Staaten mehr als 90 Prozent der börsennotierten Gesellschaften. Häufig beraten sie die Konzerne nicht nur, sondern prüfen sie auch. Derzeit setzen die europäischen Mitgliedsstaaten eine Reformvorlage zur Neuregelung der Wirtschaftsprüfer-Branche in Landesrecht um. Künftig müssen Unternehmen in der EU regelmäßig die Revisionsstelle wechseln. Außerdem sind bei Verträgen mit Banken Klauseln verboten, die der Firma eine Big-Four-Revisionsstelle vorschreiben.

Was wird gegen die Steuervermeidung getan?
Die OECD hat im Auftrag der G20-Mitgliedstaaten den Aktionsplan gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen (Base Erosion and Profit Shifting, kurz: BEPS) entwickelt. Er besteht aus 15 einzelnen Maßnahmen, mit dem die G20-Staaten sicherstellen wollen, dass Gewinne künftig dort versteuert werden, wo sie auch erwirtschaftet wurden. Die Finanzminister der G20-Staaten billigten Mitte September 2014 bei einem Treffen in Australien ein erstes Maßnahmenpaket. Ende Oktober unterzeichneten Vertreter von 51 Ländern in Berlin ein Abkommen auf OECD-Initiative, das den automatischen Daten-Informationsaustausch von Finanzinstituten an Steuerbehörden anderer Länder regelt. Die Staaten verpflichten sich, sich von Herbst 2017 an gegenseitig über Auslandskonten von Privatpersonen, Einzelfirmen, Stiftungen und Trusts zu informieren. So soll die Steuerflucht eingedämmt werden. Kritiker werfen der OECD vor, dass die BEPS-Vorschläge nicht weit genug reichen und zu langsam umgesetzt werden.

Was tut Deutschland?
Deutschland unterstützt die internationalen Bemühungen, Steuervermeidung zu bekämpfen. Kritiker werfen der deutschen Regierung allerdings Inkonsequenz vor. So war unlängst bekannt geworden, dass im Finanzministerium derzeit selbst an einem Steuersparmodell gearbeitet wird, an einer sogenannten Patentbox. Die Regelung würde es Unternehmen erlauben, einen niedrigeren Steuersatz für Erlöse aus der Nutzung von geistigem Eigentum (Patente, Lizenzen, Software-Urheberrechte, Marken und Muster) zu bezahlen. In der Vergangenheit hatte Finanzminister Wolfang Schäuble (CDU) derartige Patentboxen noch international gebrandmarkt, da sie zu erheblichen Steuerausfällen führen.

Dieses Thema im Programm:

Panorama - die Reporter | 11.11.2014 | 21:15 Uhr

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