Big Four: Die Rolle der Beraterfirmen
Vier Unternehmen sind es, die das maßgeschneiderte Beraten der multinationalen Firmen wie Disney und Skype perfektioniert haben: PricewaterhouseCoopers (PwC), Deloitte, KPMG und Ernst & Young, die sich mittlerweile nur noch EY nennen. Gemeinsam haben sie sich den Spitznamen Big Four erarbeitet: die vier Großen, die den lukrativen Markt der Unternehmensberatung im Griff haben. Zusammen beschäftigen sie ein Heer von über 700.000 Beratern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern und erwirtschaften einen Jahresumsatz von mehr als 100 Milliarden US-Dollar. Sie beraten nahezu jedes börsennotierte Unternehmen der Welt, prüfen Bilanzen, geben Rechtsauskünfte und erstellen Konzepte, um die Effizienz zu trimmen. Und natürlich optimieren sie die Steuern. PwC alleine setzte nur mit seiner Steuer-Abteilung im vergangenen Jahr fast neun Milliarden US-Dollar um – mehr als der Internet-Gigant Facebook.
"In jeder Steueroase dieser Welt aktiv"
Das Angebot, das PwC und Co. den großen Firmen bieten, ist simpel: Gib uns ein paar Tausend, wir sparen dir Millionen. Den Schaden tragen alle anderen Steuerzahler. Allein in Deutschland gehen den Finanzämtern durch die Tricks der Berater je nach Schätzungen zwischen 20 und 30 Milliarden Euro verloren, jedes Jahr. "Die Welt hat sich verändert, als die großen Beratungsfirmen anfingen, Steuerminimalisierung als Produkt zu verkaufen", sagt Richard Murphy, der früher selbst für KPMG gearbeitet hat und heute Mitglied im Internationalen Netzwerk Steuergerechtigkeit ist. "Ohne die Big Four gäbe es keine Steueroasen in dieser Welt. Man muss das ganz deutlich sagen: Die Big Four sind in jeder Steueroase dieser Welt aktiv."
Mitarbeiter (2014) | Umsatz weltweit (2013/2014) | |
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PwC | rd. 195.000 Mitarbeiter in 157 Ländern | 35 Milliarden US-Dollar |
Deloitte | rd. 210.000 Mitarbeiter in mehr als 150 Ländern | 34,2 Milliarden US-Dollar |
EY | rd. 190.000 Mitarbeiter in mehr als 150 Ländern | 27,4 Milliarden US-Dollar |
KPMG | rd. 155.000 Mitarbeiter in 155 Ländern | 23,42 Milliarden US-Dollar |
Aggressive Steuerplanung oder Steuerinnovation?
Die Europäische Kommission spricht bei den Dienstleistungen, die PwC, KPMG und Co. in ihren Steuerabteilungen entwickeln, von "aggressive tax planning" (aggressive Steuerplanung). Bei den Big Four stößt man sich an dieser Bezeichnung. KPMG nennt seine Arbeit lieber "Tax Innovation" (Steuerinnovation). Dazu haben sie Ende der 90er sogar ein eigenes "Tax Innovation Centre" gegründet. Die Innovation besteht freilich allein darin, unter Ausnutzung weltweiter Steuerschlupflöcher neue Beratungsprodukte entwickeln, die man möglichst vielen Firmen verkaufen kann. PwC entwickelte zur gleichen Zeit einen Steuertrick, den die US-Steuerbehörden später als missbräuchlich einstuften. Der Name: Bond and Option Sales Strategy (BOSS). Auch im Verkauf der Steuertricks setzen die Big Four auf Kreativität und Diskretion. "Kundenpräsentationen wurden auf Kreidetafeln oder abwischbaren Whiteboards durchgeführt und schriftliches Material wurde den Kunden wieder abgenommen, bevor sie das Meeting verlassen haben", heißt es in einem Bericht des US-Senats zu den Arbeitsmethoden der großen Beratungsfirmen. Hauptsache keine Spuren hinterlassen.
Deloitte schiebt Schuld auf Politik
Auf Anfrage teilte ein Sprecher von EY mit, man betrachte es als seine Aufgabe "Unternehmen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben verschiedene Möglichkeiten einer sinnvollen Steuerplanung aufzuzeigen". KPMG äußerte sich ähnlich, gesetzliche Vorgaben würden "vollumfänglich beachtet". Deloitte sagt ebenfalls, man handle nur nach geltendem Recht und schiebt die Schuld auf die Parlamente: "Frage nach dem fairen Beitrag von Unternehmen zum Steueraufkommen", heißt es in einer Stellungnahme, sei allein "auf politischer Ebene zu lösen". PwC wollte sich auf Nachfrage von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" nicht zu seinen Geschäften äußern. Ein Sprecher teilte lediglich mit man werde einzelne Vorgänge in Luxemburg nicht kommentieren. Schließlich sei die Arbeit mit Firmenkunden äußert vertraulich.