Stephanie Pieper: "Dieses Land überrascht"
"Großbritannien? Da ist doch gar nichts los!", gab mir ein Kollege (Name wird nicht verraten) mit auf den Weg, bevor ich 2014 ins ARD-Studio London ging. Nichts los? Das kann ich jetzt nicht wirklich behaupten. Ein Schottland-Referendum, ein Brexit-Referendum, zwei Parlamentswahlen, mehrere schlimme Terror-Anschläge, ein verheerender Hochhausbrand, ein 90. Queen-Geburtstag, ein königliches Thronjubiläum und zwei Royal-Babys später kann ich sagen: Dieses Land überrascht mich immer noch und immer wieder.
Die schönste Stadt der Welt
Zum Glück hat das Leben als ARD-Korrespondentin für Großbritannien und Irland sehr viele schöne Seiten. Wer hat schon das Privileg, in der tollen Stadt London zu leben? "The greatest city on earth!" - okay, das hat der Ober-"Brexiteer" Boris Johnson gesagt, stimmt aber trotzdem. Ich darf Royal Ascot besuchen, von Aberdeen bis Dover das Land erkunden und Promis wie Phil Collins oder Imelda Staunton treffen (an einem Interview mit Benedict Cumberbatch arbeite ich noch). Da ich im Stadtteil Islington wohne, um die Ecke vom Stadion des FC Arsenal, bin ich Mitglied des Vereins geworden - und war auch schon ein paar Mal im Stadion, um Mesut Özil und Co. anzufeuern (auch wenn meine erste Fußball-Liebe natürlich Werder Bremen gilt, schließlich bin ich an der Weser aufgewachsen).
Lieber Fahrrad als U-Bahn fahren
Die gut fünf Kilometer von meiner Wohnung bis zum ARD-Studio in Fitzrovia (U-Bahnhof Warren Street) lege ich jeden Tag mit dem Fahrrad zurück, weil mir die U-Bahn in der Rushhour zu überfüllt ist. Und es regnet in London auch längst nicht so viel, wie alle Kontinental-Europäer immer behaupten. Das Fahren im Linksverkehr ist übrigens gar nicht weiter schwer, man sortiert sich einfach in der Horde Radfahrer ein, die inzwischen die Straßen der Hauptstadt bevölkern. Zur Sicherheit fahre ich hier - anders als in Deutschland - allerdings doch mit Helm und Leuchtweste.
Liebe zum Vereinigten Königreich früh entdeckt
Meine Zuneigung für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland habe ich bereits im Studium entdeckt: Mitte der 90er-Jahre, noch vor dem Friedensprozess, war ich als Erasmus-Austauschstudentin an der University of Ulster in Coleraine - und habe damals in einer WG mit Protestanten und Katholiken gewohnt, meist spannungsfrei. Dass 20 Jahre nach dem Karfreitagsabkommen die beiden Communities durch den Brexit teilweise wieder auseinanderdriften, finde ich besonders traurig.
"50 Shades of Green" - ein Traum
Ich bin nach wie vor besonders gern in Irland unterwegs, ob im Norden oder im Süden: Die Iren sind herzlich, die Landschaft wunderbar, die Pubs mit Irish Folk Music gemütlich - auch wenn das dunkle Bier einer namhaften Brauerei in Dublin nicht so mein Fall ist. Aber die "50 Shades of Green" auf der Insel sind schon ein Traum.