VIDEO: Windkraftanlagen: Nordex baut Großturbinen in Serie (4 Min)

Windenergie-Konzerne trotz vieler Aufträge in der Krise

Stand: 17.03.2023 05:38 Uhr

Die Ausbauziele für die Energiewende sind ehrgeizig - vor allem bei der Windenergie. Bis zum Jahr 2030 sollen 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Allein auf See sollen bis dahin 30 Gigawatt Windenergie am Netz sein - das ist mehr als eine Verdreifachung gegenüber heute.

Eine Offshore-Windanlage. © picture alliance / Zoonar | Fokke Baarssen Foto: Fokke Baarssen
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von Markus Plettendorff

Eigentlich ist das ein Grund zum Jubeln für die Produzenten von Windturbinen. Doch trotz hoher Nachfrage und vieler Aufträge schreiben sie aktuell rote Zahlen. Wie kann das sein?

Cuxhaven: Siemens Gamesa verweist auf hohe Kosten

Bei Siemens Gamesa in Cuxhaven werden in riesigen Hallen Windturbinen der neusten Generation gefertigt. Sie sollen in Offshore-Windparks - also auf hoher See - mit nur einer Umdrehung immense Strommengen produzieren können. Vor etwa einem halben Jahr hatte das Unternehmen noch stolz darauf hingewiesen, in wie kurzer Zeit sich die Leistung der Windkraft-Anlagen vervielfacht habe.

Genau diese kurzen Entwicklungszyklen seien aber ein Grund für die aktuelle Krise in der Branche, erklärt Martin Volker Gerhardt, der Deutschland-Chef von Siemens-Gamesa: "Die Schattenseite ist, dass so eine Entwicklung natürlich Geld kostet. Die Turbinen bedürfen großer Investitionen, nicht nur in der Entwicklung, sondern auch für die Werke." Die Vergrößerung der Montagehallen, neue Werkzeuge und der aufwändige Transport - all das verursache neue Kosten, die die Unternehmen tragen müssten.

Windkraft-Experte: Neue Anlagen müssen sich länger verkaufen

Diese Einschätzung von Siemens-Gamesa-Chef Gerhardt bestätigt der Windkraft-Experte Dirk Briese vom Marktforschungsunternehmen Trendresearch. Damit sich die Entwicklungskosten von mehreren Millionen Euro für die Unternehmen auszahlen können, müssten sich neue Anlagen länger am Markt verkaufen, als das derzeit der Fall sei.

Vor allem im Offshore-Bereich sei das ein Problem, meint Briese: "Onshore ist es eher ein Massengeschäft. Die Entwicklungssprünge sind da nicht ganz so groß. Man muss dort einfach in der Menge entsprechend gut oder kostengünstig produzieren, um wettbewerbsfähig zu sein."

Corona-Krise und Russland-Ukraine-Krieg verschärfen Situation

Der Kostendruck ist ein weiterer Punkt, warum die Windanlagen-Branche derzeit schwierige Zeiten durchlebt. Fast überall werden Aufträge für neue Windparks per Auktion vergeben, wo der günstigste Anbieter den Zuschlag bekommt. Dieses Vorgehen hat zu einem großen Wettbewerb unter den Herstellern geführt - und zu für sie sehr geringen Margen.

Hinzu komme, dass es in den vergangenen Jahren zu wenige Ausschreibungen für neue Anlagen und zu hohe bürokratische Hürden gegeben habe, sagt Johannes Schiel vom dänischen Windanlagenbauer Vestas. Die Corona-Krise und schließlich die Folgen des Ukraine-Kriegs hätten ihr Übriges getan: "Lieferketten- und Logistik-Engpässe infolge der Lockdowns in China waren zunächst ein Hauptgrund für Verzögerungen und den Anstieg von Projektkosten. Der Krieg in der Ukraine und dann auch die beschleunigte Inflation infolge der Energiekrise des vergangenen Jahres haben die Rentabilität der Hersteller zusätzlich stark negativ beeinflusst."

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Können Windkraft-Anlagen teurer verkauft werden?

Derzeit versuchen fast alle Anlagenbauer, am Markt höhere Preise durchzusetzen. Sie leiden nämlich auch darunter, dass zwischen Auftragseingang und der Auslieferung der Windturbinen zwischen zwei und vier Jahre vergehen können. Wenn in dieser Zeit - so wie im vergangenen Jahr geschehen - die Kosten steigen, können sie häufig nicht an den Auftraggeber weitergegeben werden. Das ist aber ein grundsätzliches Problem.

Siemens Gamesa würde sich wünschen, dass nicht nur die reinen Kosten bei den Ausschreibungen berücksichtigt werden, sondern stärker auch die Nachhaltigkeit bei der Produktion und dem Transport. Bei Vestas würde man gerne den Wettlauf um immer größere Anlagen bremsen, um zurück in die schwarzen Zahlen zu finden.

"Turbinen-Hersteller werden nach wie vor schwierige Zeit haben"

Windkraft-Experte Briese ist insgesamt skeptisch, wie sich das Geschäft für die Anlagenbauer in der kommenden Zeit entwickeln wird: "Die Turbinen-Hersteller werden nach wie vor eine schwierige Zeit haben. Sie müssen die Technologie weiterentwickeln und parallel ihre Kosten im Griff halten. Das ist bei insgesamt steigenden Kosten, mit dem Fachkräftemangel und einer trotzdem schnellen Entwicklungsrate sehr schwierig und sehr herausfordernd."

Produzenten sind optimistisch

Ein Mitarbeiter von Siemens Gamesa montiert in einer Fertigungshalle das Teilstück eines Blattlagers für die Turbine einer Windkraftanlage. © dpa picture alliance Foto: Hauke-Christian Dittrich
Genug zu tun gibt es für die Windkraft-Produzenten - aber lohnt sich ihre Arbeit auch finanziell?

Auf der Seite der Produzenten herrscht dagegen Zuversicht, dass sich die Rahmenbedingungen verbessern. So hofft Vestas-Manager Schiel darauf, dass die Geschäfte schon bald wieder besser laufen: "Unser Ziel im Jahr 2023 ist es, zurück ins Positive zu kommen." Man sei zuversichtlich, wieder schwarze Zahlen zu schreiben.

Die Windkraft biete jede Menge Potenzial, ist sich Siemens-Gamesa-Chef Gerhardt sicher. Auch er sei deshalb optimistisch, dass die jetzigen Probleme in der Branche nicht von Dauer seien: "Es ist auch eine großartige Chance, weil wir noch nie so viel Rückhalt von Politik und Bevölkerung hatten, dass Windkraft nicht nur zur Bekämpfung der Klimakrise notwendig ist, sondern auch unsere Energiekosten senkt und uns auch souverän oder unabhängig macht."

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