Trend zu Mehrweg-Hygieneartikeln für Menstruation
Nachhaltig zu leben ist vielen Menschen wichtig. Das gilt auch für Hygieneartikel. Rund 14.000 Binden oder Tampons verbraucht eine Frau rein rechnerisch während ihres Lebens - Wegwerfprodukte, die meist in Plastik verpackt sind. Seit einigen Jahren gibt es Mehrweg-Alternativen. Die Nachfrage ist hoch.
Dem Marktforschungsunternehmen "Future Market" zufolge wachsen die Umsätze mit Periodenunterwäsche bis 2030 jedes Jahr um gut 13 Prozent. Deutschland ist demnach der zweitgrößte Markt für periodensichere Unterwäsche in Europa. Unter anderem die Steuersenkung für Frauenhygieneartikel von 19 auf sieben Prozent Anfang 2020 soll wesentlich zu diesem Marktwachstum beigetragen haben.
Einen weiteren Grund sieht Unternehmerin Kristine Zeller in der Pandemie. Ihr Start-up "Ooia" stellt seit fünf Jahren Unterwäsche für die Zeit der Menstruation her und erlebte im Lockdown einen enormen Anstieg der Nachfrage. "Das führen wir vor allem darauf zurück, dass die Leute mehr in ihren vertrauten vier Wänden waren und sich dort eher getraut haben, so ein neuartiges Produkt auszuprobieren, als wenn es jeden Tag ins Büro geht", sagt die Berlinerin.
Der Boom hält an: "Ooia" beschäftigt mittlerweile 45 Angestellte und hat jährlich zweistellige Wachstumsraten. Und es sind weitere Unternehmen auf den Markt gedrängt - zum Beispiel das ebenfalls 2018 gegründete Hamburger Start-up "MYLILY". Dessen nachhaltige Frauenprodukte werden laut eigenen Angaben von 150.000 Kundinnen gekauft. Auch große Konzerne wie der Sportartikelhersteller Adidas sind mit periodensicheren Leggins in den Markt eingestiegen.
Frauenärzte: Reinigung von Menstruationstassen besonders wichtig
Andreas Pfeiffer vom Berufsverband der Frauenärzte, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern betont: "Insbesondere Menstruationstassen sind in den vergangenen Jahren immer gebräuchlicher geworden." Seine Verbandskollegin Doris Scharrel aus Schleswig-Holstein erlebt in ihrer Praxis in Kronshagen "einen richtigen Hype". Die Herausforderung sei, den Umgang mit Tasse oder Unterwäsche zu erlernen - und sie vor allem gut zu reinigen und wieder aufzubereiten, damit keine Keime wachsen.
Hautreizungen durch Biozide in Periodenunterwäsche
"Den meisten Periodenunterhosen werden Biozide zugesetzt, um Bakterienbildung zu verhindern. Bei einem Produkt, das direkt auf der Haut getragen wird, in einem feuchtwarmen Milieu, führt das zu Hautirritationen", erklärt Doris Scharrel.
Kristine Zeller von "Ooia" verwendet deshalb ein spezielles Silberchlorid, das, wie sie sagt, keine Reizungen auslöst, die Slips aber teurer macht - bis zu 46 Euro je Stück. Juliane Beierle von "MYLILY" setzt ihren Produkten keine Biozide zu, allerdings müssen die Unterhosen deshalb - analog zu herkömmlichen Hygieneartikeln - alle paar Stunden gewechselt werden.
Reinigung schmälert Ökobilanz der Mehrwegprodukte
Andreas Ciroth von der Nachhaltigkeitsberatung "Greendelta" hat die Ökobilanz von Menstruationstassen im Vergleich zu Tampons und Binden aus Baumwolle untersucht. "Die Baumwollherstellung ist ein intensiver landwirtschaftlicher Prozess, der Bewässerung braucht, je nach Region." Allein deshalb sei die Ökobilanz der Mehrweg-Produkte besser. Jedoch sollte so eine Tasse nur so lange wie nötig ausgekocht werden, damit der Umwelt-Vorteil nicht durch den Reinigungsprozess wieder zunichte gemacht wird, und sie möglichst jahrelang benutzt werden.