Das Innenministerium verweist auf die schlechte Einbürgerungsquote in Deutschland. Demnach lebten Ende 2021 10,7 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland, von ihnen leben hierzulande 5,7 Millionen bereits seit mehr als zehn Jahren. Nach acht Jahren wäre eine Einbürgerung nach aktuellem Recht möglich. Nur verhältnismäßig wenige Menschen machen davon aber Gebrauch. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern steht Deutschland im hinteren Drittel. Im Durchschnitt wurden in der EU zwei Prozent der im jeweiligen Land lebenden Bevölkerung eingebürgert - in Deutschland nur 1,3 Prozent. Innenministerin Faeser spricht von Hindernissen bei der Einbürgerung, die nun aus dem Weg geräumt werden sollen. Eines dieser Hindernisse ist die Aufgabe der Staatsbürgerschaft des Heimatlandes.
2021 wurden 131.595 Menschen in Deutschland eingebürgert - darunter rund 19.000 Syrer und 12.200 Türken. Laut Statistischem Bundesamt sind das rund 19,8 Prozent mehr als im Jahr davor. Eine weit höhere Zuwanderungsquote gab es in den 90er-Jahren: Damals wurden vor allem Russlanddeutsche nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eingebürgert. In der jüngeren Vergangenheit war die Brexit-bedingte Zuwanderung aus dem vereinigten Königreich ein wichtiger Faktor - 2019 nahmen beispielsweise 14.600 Brit:innen die deutsche Staatsbürgerschaft an.
Die für eine Einbürgerung von Ausländern erforderliche Aufenthaltsdauer im Land soll von derzeit acht auf fünf Jahre verkürzt werden. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich sein - etwa wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen erbracht oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben oder über besonders gute Sprachkenntnisse verfügen.
Für die Einbürgerung von Menschen im Alter von über 67 Jahren will Faeser die bisher verlangten schriftlichen Sprachnachweise auf dem Niveau B 1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen streichen. Stattdessen soll künftig die "Fähigkeit zur mündlichen Verständigung" ausreichen. Auch der bislang geforderte Nachweis über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland (Einbürgerungstest) entfalle für diese Gruppe. Dabei gehe es darum, die "Lebensleistung der sogenannten Gastarbeitergeneration" zu würdigen, heißt es in dem Entwurf. Sie habe einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung geleistet.
Bei ihnen soll künftig eine Sonderregelung greifen: In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern können automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn sich ein Elternteil seit fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhält.
Nein, der Besitz mehrerer Staatsbürgerschaften soll mit der Reform viel einfacher werden. Die Verpflichtung, bei der Einbürgerung auf die bisherige Staatsangehörigkeit zu verzichten, entfällt also. Dies ist bislang nur in Fällen möglich, in denen das Herkunftsland nicht erlaubt, dass die bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben wird.
Für die Einbürgerung bleiben - wie bisher - folgende Voraussetzungen notwendig:
- unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht zum Zeitpunkt der Einbürgerung
- geklärte Identität und Staatsangehörigkeit
- Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes
- mündliche und schriftliche deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen
- Nachweis über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland (Einbürgerungstest)
- eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts für sich und die unterhaltsberechtigten Angehörigen
- Gewährleistung der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse, insbesondere keine Verheiratung gleichzeitig mit mehreren Ehefrauen
- keine Verurteilung wegen einer Straftat
Der Referentenentwurf wird nun überarbeitet und dann im Kabinett beraten. Anschließend stimmt das Kabinett darüber ab. Erst dann wird daraus ein Regierungsentwurf, der im Bundestag besprochen werden kann. Der vom Bundestag verabschiedete Gesetzentwurf wird voraussichtlich auch die Zustimmung im Bundesrat brauchen. Das könnte der Union mit ihren Beteiligungen an Landesregierungen die Möglichkeit geben, Änderungen durchzusetzen. Die Union kritisiert, dass eine schnellere Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft kein Anreiz sei, sich zu integrieren.
Integrationsverbände, die Antidiskriminierungsbeauftragte und das Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) loben das Vorhaben. DIW-Präsident Marcel Fratzscher erklärte, dies sei auch ein Beitrag um das Fachkräfteproblem zu verringern. Eine klare Perspektive auf Staatsangehörigkeit sei ein wichtiges Element, um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen.
Schweden: Schwedischer Staatsbürger zu werden, war bislang einfach: Man muss mindestens fünf Jahre im Land gelebt und eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung haben. Wer ohne Steuerschulden und Eintrag im Strafregister war, konnte seinen Einbürgerungseintrag stellen. Ein Sprachtest war nicht nötig. Diese Regeln ändern sich bald. Dann ist ein Nachweis von Sprach- und Landeskenntnissen Pflicht. Die Mindestaufenthaltsdauer wird von fünf auf acht Jahre heraufgesetzt. Man muss für seinen Lebensunterhalt aufkommen können und über einen Leumund verfügen. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist nach wie vor möglich, aber der schwedische Pass soll einfacher eingezogen werden können.
Schweiz: Dort sind die Hürden für die Einbürgerung hoch. Erst nach zehn Jahren im Land kann die Staatsbürgerschaft beantragt werden. Leichter ist es für Kinder und Jugendliche: Die Zeit im Alter zwischen 8 und 18 zählt doppelt. Wer mit einer Schweizerin oder einem Schweizer verheiratet ist, kann nach fünf Jahren den Pass beantragen - vorausgesetzt, die Ehe dauert schon mehr als drei Jahre. Vor dem Einbürgerungsverfahren muss ein Landeskundetest bestanden werden. Je nach Kanton muss man bis zu fünf Jahren in der Gemeinde leben, um sich einbürgern lassen zu können. Die Kosten liegen je nach Wohnort zwischen 800 und 3.600 Schweizer Franken. Mehrstaatlichkeit ist kein Problem.
Spanien: In Spanien führen mehrere Wege zur Einbürgerung. Wichtig ist, wie lange man seinen Wohnsitz in Spanien hat. Wer mit einem Spanier oder einer Spanierin verheiratet ist, kann die Staatsbürgerschaft nach einem Jahr beantragen. Dieser Zeitraum gilt auch für Kinder nicht-spanischer Eltern, die auf spanischem Gebiet geboren wurden. Zudem gibt es das "Enkel-Gesetz": Es ermöglicht Menschen, die im Ausland geboren wurden, aber nachweisen können, dass sie von spanischen Großeltern abstammen, den Zugang zur spanischen Staatsbürgerschaft. Auch dazu muss man seit einem Jahr in Spanien leben. Zwei Jahre Aufenthalt gelten für Lateinamerikaner, Portugiesen, Andorraner und für Personen sephardischer Abstammung. Anerkannte Flüchtlinge können sich nach fünf Jahren um die Einbürgerung bemühen, während Nicht-EU-Bürger sich zehn Jahre lang legal in Spanien aufgehalten haben müssen.
Kanada: Dort gilt das Geburtsort-Prinzip. Jedes Kind, das auf kanadischem Boden zur Welt kommt, hat automatisch die Staatsbürgerschaft. Daneben gilt das Abstammungs-Prinzip: Wenn mindestens ein Elternteil Kanadier ist, dann ist es das Kind auch - egal, wo es geboren wurde. Ausländer können sich für eine Staatsbürgerschaft bewerben, wenn sie sich mindestens drei Jahre legal in Kanada aufgehalten haben. Weitere Voraussetzungen: Es müssen drei Steuererklärungen abgegeben werden und es dürfen keine schweren Gesetzesverstöße vorliegen. Zudem ist ein Sprach- und ein Einbürgerungstest Pflicht.