Anbau von Cannabis soll noch in diesem Jahr legalisiert werden
In Deutschland soll noch in diesem Jahr der private Konsum und Anbau von Cannabis erlaubt werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) haben am Mittwoch in Berlin Eckpunkte des entsprechenden Gesetzentwurfs vorgestellt.
Der überarbeitete Plan zur Cannabis-Legalisierung sieht vor, dass künftig der Besitz von bis zu 25 Gramm und der Eigenanbau von drei Pflanzen straffrei sein sollen. Der freie Verkauf der Droge werde aber verschoben, erklärten Lauterbach und Özdemir. Zunächst sollen nur spezielle Vereine Cannabis-Produkte in begrenztem Umfang an ihre Mitglieder abgeben dürfen.
Auf NDR Info hat ARD-Hauptstadt-Korrespondent Dietrich Karl Mäurer Einzelheiten zu den Regierungsplänen erläutert.
Herr Mäurer, die Legalisierung von Cannabis soll also kommen. Wie stellen sich das die beiden Minister vor?
Dietrich Karl Mäurer: Das Ganze soll in zwei Stufen kommen - die erste ist das geplante schnelle Wegkommen von Verboten und Strafverfolgung, vor allen Dingen auch das Trockenlegen des Schwarzmarkts. Laut Gesundheitsminister Lauterbach soll es die Möglichkeit geben, sich legal mit Cannabis zu versorgen. Eine kontrollierte Abgabe soll seinen Aussagen zufolge so funktionieren, dass "nicht-gewinnorientierte Vereinigungen" Cannabis-Produkte zu Genusszwecken anbauen und an jeweils maximal 500 Mitglieder zu deren eigenem Konsum abgeben dürfen. Bei den Mengen soll es Obergrenzen geben: 25 Gramm pro Person pro Tag, aber maximal 50 Gramm pro Monat. Man soll aber auch - das gehört ebenfalls zur ersten Säule - für sich selbst Cannabis anbauen können. Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von bis zu drei weibliche Pflanzen pro Person sollen dem Gesetzentwurf zufolge erlaubt und damit straffrei sein.
Das bedeutet, dass es lizenzierte Shops, in denen man Cannabis einfach kaufen kann, erst einmal nicht geben soll?
Mäurer: Ja, genau. Diese Shops sind ein Element der zweiten Säule des neuen Gesetzes. Der Bundesgesundheitsminister sprach bei der Pressekonferenz von einem Aufbau kommerzieller Lieferketten, von einem staatlich kontrollierten Anbau. Der soll erst in einem zweiten Schritt kommen, und zwar zunächst auch nur in Modellversuchen über fünf Jahre hinweg. Das Ganze soll dann mit Zwischenauswertungen begleitet werden nach dem Motto: "Wie läuft das?" Außerdem soll beobachtet werden, wie das in unseren Nachbarländern ankommt. Reiben die sich daran oder finden die, dass das vielleicht auch ein Vorbild für ihre eigene Politik sein kann?
Wie sicher ist denn, dass die neuen deutschen Pläne mit EU-Recht vereinbar sind?
Mäurer: Man kann davon ausgehen, dass die staatlich kontrollierten Modellversuche durchaus mit EU-Recht zu vereinbaren sind. Minister Lauterbach erwähnte in diesem Zusammenhang Gespräche, die er dazu mit der EU-Kommission geführt habe. Das seien zwar vertrauliche Gespräche gewesen, aber er konnte schon sagen, dass er die nun vorgestellten Eckpunkte daraus sozusagen mitgenommen hat. Da gibt es offenbar nicht das Problem, das in den vergangenen Wochen und Monaten angesprochen wurde, dass sich ja die Staaten des Schengen-Raums verpflichtet haben, die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln und den Handel damit - und dazu gehört eben auch Cannabis - zu unterbinden. Mit diesem Modellversuch hat man da offensichtlich einen Weg gefunden, der gangbar ist.
Wie soll das Ganze in der Praxis umgesetzt werden? Wie kommt man als Erwachsener ab 18 Jahren zukünftig an Cannabis? Soll das in diesen Clubs passieren, in denen man Mitglied werden muss?
Mäurer: Landwirtschaftsminister Özdemir hat gesagt, dass man wohl noch in diesem Jahr legal Kiffen können wird. Dazu muss man Mitglied in einer dieser "nicht-gewinnorientierte Vereinigungen", also einem sogenannten Cannabis-Club werden. Und dort darf man dann Cannabis bis zu der erlaubten Höchstmenge kaufen und zu privaten Zwecken konsumieren. Oder man kann sich Samen kaufen oder Stecklinge und die dann bei sich zu Hause auch anbauen. Ganz wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu Cannabis haben dürfen. Das muss gesichert sein.
Wenn jetzt jemand nicht Mitglied in diesem Club werden will, kann er oder sie sich doch weiterhin Cannabis auf dem Schwarzmarkt besorgen.
Mäurer: Ja, das stimmt, aber dann weiß er allerdings nicht - wie auch jetzt schon - was er da genau kauft. Ein Problem ist offensichtlich, dass das Cannabis auf dem Schwarzmarkt gestreckt wird mit noch toxischeren Materialien. Agrarminister Özdemir ist sich ziemlich sicher, dass das neue Gesetz in dieser Hinsicht Wirkung zeigen wird: Der Schwarzmarkt werde sich "schwarzärgern", so der Grünen-Politiker wörtlich. Das sei auch gut so, denn das Ziel der Regierung sei die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene und gleichzeitig ein maximaler Schutz von Kindern und Jugendlichen. Die Ampel-Koalition geht zwar nicht davon aus, dass man den Schwarzmarkt komplett trockenlegen kann, aber doch, dass er deutlich eingedämmt werden kann. Die Cannabis-Clubs sollen nicht gewinnorientiert arbeiten, sondern das Cannabis quasi zum Selbstkostenpreis ihren Mitgliedern anbieten. Und ein Dealer hat natürlich immer das Interesse, Gewinn mit dem Verkauf von Drogen zu machen. Möglicherweise regelt der Preis das dann auch.