Vosgerau bei Veranstaltung der AfD-Fraktion in Hamburg

Stand: 01.03.2024 17:27 Uhr

Im Hamburger Rathaus hat am Donnerstagabend eine Veranstaltung der AfD-Fraktion mit Staatsrechtler Ulrich Vosgerau stattgefunden. Er war Teilnehmer des Potsdamer Treffens, bei dem Abschiebepläne für deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit Migrationsgeschichte besprochen worden sein sollen.

Vor rund 500 Gästen schilderte Vosgerau seine Sicht der Dinge und sprach von einem "Medienskandal ohne jede Substanz". Überschrieben war der Abend im Rathaus mit dem Titel "Was passierte in Potsdam wirklich? Ein Teilnehmer berichtet!" Im November hatten AfD-Funktionäre in Potsdam an einem Treffen mit dem Taktgeber der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, teilgenommen. Bei dem Treffen soll über die sogenannte Remigration gesprochen worden sein, also die massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund. Darüber hatte das Recherche-Netzwerk "Correctiv" berichtet. Aus Sicht der AfD ist die Berichterstattung über das "private Treffen" in weiten Teilen falsch und habe zu einer medialen Hetzjagd gegen die Partei geführt.

Vosgerau kontra "Correctiv"

Unterstützung für diese Ansicht bekommt sie von Vosgerau, der selbst CDU-Mitglied ist. Nach seiner Überzeugung wurde bei dem Treffen in Potsdam nichts Skandalöses besprochen. Den österreichischen Rechtsextremisten Sellner, der dort einen Vortrag gehalten hatte, bezeichnete er als einen Menschen, von dem er "sehr viel Positives" gehört habe. Sellner habe "in der Tat über Remigration gesprochen", es sei ihm aber nur um die Rückführung von schlecht integrierten und nicht assimilierten Ausländerinnen und Ausländern gegangen. Mehrfach erweckte Vosgerau den Eindruck, dass die Berichterstattung von "Correctiv" von langer Hand staatlich gesteuert worden sein könnte. Belege dafür lieferte er nicht.

"Correctiv": Ablenkungsstrategie von AfD und Vosgerau

Aus Sicht des Recherche-Netzwerks "Correctiv" verfolgen Vosgerau und die AfD das Ziel, davon abzulenken, worum es in Potsdam gegangen sei: "Nämlich, dass da ein Masterplan besprochen wurde, wo es darum ging, wie man auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft, aber Zuwanderungs-Hintergrund aus dem Land vertreiben kann", so die stellvertretende Chefredakteurin Anette Dowideit im Gespräch mit NDR 90,3. Dazu werde versucht, "Correctiv" in Verruf zu bringen und die Unabhängigkeit der Redaktion in Frage zu stellen. Außerdem werde "Correctiv" das Wort im Mund umgedreht, sagt Dowideit. Sie betonte: "Unser Artikel steht, wie er am Anfang stand, wir sind in keinem Punkt zurückgerudert."

Jörn Straehler-Pohl, Reporter bei NDR 90,3. © NDR Foto: Screenshot
AUDIO: Vosgerau schildert seine Sicht des Potsdamer Treffens (1 Min)

Klage gegen Berichterstattung

Vosgerau ist gegen die Berichterstattung von "Correctiv" zu dem Treffen bereits juristisch vorgegangen, blieb aber vor dem Landgericht Hamburg in zwei von drei Punkten erfolglos. Das Landgericht Hamburg bestätigt auf Nachfrage von NDR 90,3, dass die Berichterstattung von "Correctiv" über die Teilnahme Vosgeraus an dem Treffen von Potsdam juristisch weitgehend wasserdicht ist. Nur in einem Punkt hatte es Vosgerau Recht gegeben. Dabei ging es um die Erfolgsaussichten massenhaft eingelegter Wahlprüfungsbeschwerden. In diesem Punkt habe "Correctiv" den Standpunkt von Vosgerau falsch wiedergegeben, so das Landgericht. Weitere Klagen von Teilnehmerinnen oder Teilnehmern des Treffens oder von anderen Personen, die in dem Artikel genannt wurden, seien vor dem Hamburger Landgericht nicht anhängig, sagte ein Sprecher. Am Donnerstag hatte das Gericht die Klage eines Unternehmers aus Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen. Er hatte dagegen geklagt, in dem "Correctiv"-Artikel namentlich genannt worden zu sein.

Vosgerau selbst will in dem Rechtsstreit in die nächste Instanz gehen. Und er kündigte an, gegen alle Medien rechtlich vorzugehen, die die Berichterstattung von "Correctiv" als Tatsachen-Behauptungen und ohne Quellen-Nennung wiedergegeben haben.

Bannmeile rund um das Rathaus - Demo davor

Demonstrierende versammeln sich in der Nähe des Hamburger Rathauses, in dem eine Veranstaltung der AfD-Fraktion stattfindet. © NDR Foto: Ingmar Schmidt
Am frühen Abend versammelten sich Demonstrierende in Rathaus-Nähe.

Wegen der AfD-Veranstaltung wurde das Hamburger Rathaus von der Polizei weiträumig abgesperrt. Am Rande der Bannmeile rund um das Rathaus versammelten sich am Abend wenige Hundert Demonstrantinnen und Demonstranten, um gegen den Auftritt Vosgeraus zu protestieren. Zunächst wollten sich einige Demonstrierende auf dem Rathausmarkt versammeln, wurden jedoch von der Polizei des Platzes verwiesen. Ein einzelner Protestierender schaffte es über die Absperrung und gelangte in den Vorraum der Rathausdiele, wo er dann von Beamtinnen und Beamten gestoppt wurde.

Hamburger CDU distanziert sich von Vosgerau

Unterdessen distanzierte sich die Hamburger CDU von Vosgerau. CDU-Landeschef Dennis Thering sagte, es sei unerträglich, dass die AfD Verschwörungstheoretikern wie Vosgerau eine Bühne in Hamburg gebe. Er lobte das Vorgehen der Berliner CDU, die Vosgerau aus der Partei ausschließen möchte.

Weitere Informationen
Ulrich Vosgerau. © picture alliance / Flashpic Foto: Jens Krick

"Correctiv"-Artikel: Gericht entscheidet teilweise gegen Kläger Vosgerau

Der CDU-Politiker hatte an einem Treffen mit Rechtsextremen in Potsdam teilgenommen. Er sah sich im Bericht des Recherche-Netzwerks nicht richtig dargestellt. (27.02.2024) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 01.03.2024 | 07:00 Uhr

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