Unmöglich: Migranten ohne Chance
In zwei Jahren zum Hauptschulabschluss, in einer fremden Sprache, in einem fremden Land: An der staatlichen Gewerbeschule G20 in Hamburg-Billbrook büffeln 21 Schülerinnen und Schüler für ihren Traum: Eine Ausbildung machen, eine Arbeit finden. In Deutschland eine Zukunft haben.
Bis vor kurzem konnte keiner Deutsch
Ibrahim und Ajmal, Sabie und Tamim: Sie alle sind Flüchtlinge, keiner von ihnen sprach Deutsch, als sie hier an die Schule kamen. Ajmal stammt aus Afghanistan, floh vor dem Krieg in seiner Heimat. Mehrere Monate war er unterwegs, zu Fuß, mit dem LKW, mit dem Schiff. 260 Flüchtlinge waren an Bord eines kleinen Kutters, erzählt Ajmal in gebrochenem Deutsch, 23 von ihnen überlebten die Überfahrt nicht. Ajmal hat noch nie eine Schule besucht, jetzt quält er sich mit deutschen Fachbegriffen wie "Energierechtsnovelle". Aber aufgeben, jetzt, nachdem er es bis hierher geschafft hat?
Geplatzte Träume von einer besseren Zukunft
Lehrerin Ingrid Dechant ist stolz auf ihre hochmotivierte Schülerschar. Sie unterrichtet sie nicht nur, sondern muss für ihre Schüler auch Psychologin und Expertin für Ausländerrecht sein. In ihrer Klasse sind viele nur geduldet, hangeln sich von einer Aufenthaltsgenehmigung zur nächsten. So wie Sabie, die vor drei Jahren mit ihrem Bruder aus Mazedonien kam. In Deutschland wollte sie eine Ausbildung zur Köchin machen. Im Sommer schaffte sie ihren Hauptschulabschluss, zwei Wochen später wurde sie abgeschoben. Der Traum von einer besseren Zukunft - geplatzt.
Doch auch für diejenigen, die hier bleiben dürfen, wird es schwer. Obwohl jedes Jahr in Deutschland viele Lehrstellen unbesetzt bleiben, haben nur drei der 21 Flüchtlinge aus der Klasse einen Ausbildungsplatz gefunden. "Die Chefs sagen: Handwerklich bist Du gut, aber schaffst Du auch die Berufsschule?", berichtet Tamim. "Das macht mich traurig. Die Leute haben noch nie gesehen, noch nie erlebt, dass wir das schaffen können, wenn wir es versuchen!"
Niemand fühlt sich verantwortlich
Mit dem 18. Lebensjahr endet die Schulpflicht für die jungen Flüchtlinge. Nach dem Abgang von der Gewerbeschule fühlt sich niemand mehr für ihre Weiterbildung verantwortlich. "Sie kommen nicht ins allgemeinbildende System, können keinen Realschulabschluss machen, das ist wirklich schade!", beklagt Ingrid Dechant. "Es sind so motivierte Schüler, die möchten was lernen. Doch ohne Ausbildung können sie am Ende nur irgendwo als Hilfsarbeiter anfangen." Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind im aktuellen Ausbildungsjahr noch immer 33.534 Lehrstellen unbesetzt.