Kommentar zur Fußball-EM: Neue Leichtigkeit zu spüren
Die erste Hürde hat die deutsche Nationalelf bei der Heim-EM schon genommen: Sie steht im Achtelfinale. Am Sonntag geht es gegen die Schweiz um den Gruppensieg und vermutlich wird es dann auch in der EM-Stadt Hamburg wieder laut, nicht nur rund um das Heiligengeistfeld. Ein Kommentar zur Fußball-Stimmung in der Stadt von Karsten Sekund.
Seit gut einer Woche rollt der Ball durch die Stadien des Landes. Fußball-Europa blickt nach Deutschland. Und ich glaube eines kann man feststellen: Das Land ist in EM-Stimmung! Noch nicht ganz wie beim Sommermärchen 2006 oder bei der grandiosen WM 2014. Aber: Es fühlt sich zumal nach zwei Siegen in der Vorrunde schon ein bisschen so an. An vielen Autos wehen wieder schwarz-rot-goldene Fahnen. Hunderttausende feiern mit Nachbarinnen und Nachbarn zusammen zu Hause oder mit Freunden in Cafés und Restaurants. Straßen sind während Spielen wie leergefegt. Und Zehntausende Menschen kommen bei Fanfesten zusammen - etwa in der Fan Zone auf dem Heiligengeistfeld.
Ein bisschen Freude und ein neues "Wir"-Gefühl
Ich bin als Stadtreporter fast jeden Abend unterwegs und freue mich ehrlich gesagt über diese neue Leichtigkeit. Denn was haben wir seit der Jubel-WM 2014 nicht alles mitgemacht: Flüchtlingskrise, Terror, Rechtspopulismus, Corona, Energiekrise, Ukraine-Krieg - und aus deutscher Fußballsicht lauter vermasselte Turniere. Viele Menschen brauchen offenbar ein Ventil, Abwechslung, ein bisschen Freude und ein neues "Wir"-Gefühl - vielleicht sogar einen neuen Aufbruch. Neue Helden müssen her, denn die Zeiten von Lahm, Schweinsteiger und Klose liegen gefühlt schon viel zu lange zurück.
Hamburg zeigt sich von seiner weltoffenen Seite
Und ganz ehrlich: Mir bringt es auch wieder Spaß, mit anderen zusammenzustehen, zu fluchen, mitzuzittern und mitzufeiern! Übrigens nicht nur wenn Deutschland spielt. Viele Menschen mit türkischen, polnischen, portugiesischen oder ukrainischen Wurzeln nutzen das Fanfest, um hier ihre Verbundenheit mit ihrer alten Heimat zu zeigen. Hier zeigt sich Hamburg auch seinen Gästen gegenüber von seiner weltoffenen Seite.
Ich hatte eine Gänsehaut, als am vergangenen Sonntag Tausende fröhliche Niederländer beim Fanmarsch ganz in Orange gehüllt fröhlich singend an mir vorbeigezogen sind. Und auf dem Fanfest haben sie dann mit den zahlreichen polnischen Anhängerinnen und Anhängern gemeinsam gefeiert. So habe ich mir eine Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land vorgestellt!