Kommentar zu Warnstreiks: Stimmung in der Bevölkerung kippt bald
Sie hatten es Ende der Woche in Hamburg schwer: Reisende und Menschen, die einfach zum Job oder zur Ausbildung wollten. Warnstreiks bei der Bahn und am Flughafen waren es, die Zehntausenden große Probleme und lange Verspätungen beschert haben. Immer häufiger treffen die Streiks den Verkehr. So geht es nicht weiter, meint Reinhard Postelt.
Die Warnstreiks trafen vor allem die Menschen, die nicht mit dem Auto fahren wollten oder konnten. Zudem 80.000 Menschen, die von Hamburg aus in den Urlaub fliegen wollten. Dabei gingen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und ver.di unterschiedlich vor. Die EVG streikte acht Stunden, da scheint mir der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Ver.di legte den Flughafen gleich zwei Tage lahm - schon wieder.
Schon vier Streiks am Hamburger Flughafen in diesem Jahr
Es ist der vierte ver.di-Warnstreik in Fuhlsbüttel allein in diesem Jahr. Die Gewerkschaft ruft immer andere Gruppen zum Streik auf - diesmal die Sicherheitskontrolleure, die zuletzt bis zu 20 Prozent Lohnerhöhung bekamen. Nun wollen sie höhere Sonderzuschläge.
Ver.di hat sich zur völlig schmerzbefreiten Gewerkschaft entwickelt
Der Flughafen ist für ver.di die beste Bühne für Medienaufmerksamkeit. Und hier tut es besonders weh. Dabei sind die Verhandlungen noch nicht mal gescheitert. Ver.di hat sich zu einer völlig schmerzbefreiten Gewerkschaft entwickelt. Sie zwingt die Reisenden zu stressigen und teuren Umbuchungen, dabei müssten sich Streiks doch gegen die Tarifpartner wenden.
Der Streik ist kein Zwang
Die Gewerkschaft sollte zumindest ehrlich sein. Was habe ich mir an abenteuerlichen Verdrehungen anhören müssen: Die Arbeitgeber würden die Gewerkschaften ja zum Streik zwingen. Sorry, der Streik ist kein Zwang. Was viele nicht sehen: Streiks und zweistellige Tarifabschlüsse kosten Geld. Bei ver.di häufig Steuergeld - wie beim teuren Kompromiss zum Öffentlichen Dienst.
51 Prozent des Flughafens gehören Hamburg. Allein durch die Streiks nahm er dieses Jahr rund drei Millionen Euro weniger ein, schreibt rote Zahlen. Und das Fliegen wird immer teurer.
Arbeitsplätze weniger sicher
Viele Reisende meiden nun genervt das Flugzeug. Gut fürs Klima, schlecht für die streikenden Beschäftigten: Deren Arbeitsplatzsicherheit sinkt. Das kann man gerade in Hamburgs Hafen beobachten: Nach zwei großen Streiks gab es zwar bis zu neun Prozent mehr Lohn, aber die Arbeit verteuert sich so stark, dass Reedereien abwandern. Hamburgs Ladungsvolumen ging dieses Jahr auch deshalb um 20 Prozent zurück. Das kostet Arbeitsplätze.
Stimmung in der Bevölkerung kippt bald
Ich glaube, die Stimmung in der Bevölkerung kippt bald, wenn ver.di so weiterstreikt. Gerechte Löhne bei hoher Inflation ja. Aber die wenigsten Hamburgerinnen und Hamburger wollen französische Verhältnisse mit unversöhnlichen Fronten und wochenlangen Massenprotesten.