Kommentar: Lärmschutz muss Priorität haben

Stand: 24.08.2024 08:40 Uhr

Hamburg möchte in den kommenden Jahren auf vielen weiteren Hauptverkehrsstraßen nachts das Tempo der Autos drosseln. Hintergrund sind Erhebungen der Stadt, nach denen mehr als 200.0000 Menschen nachts gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt sind. Die Opposition kritisiert die Pläne, weil sie die Mobilität einschränken. Die Gesundheit der Menschen sollte jedoch höchste Priorität haben, meint Peter Kleffmann in seinem Kommentar.

von Peter Kleffmann

Wir haben noch Urlaubszeit. Viele haben womöglich einen Städtetrip hinter sich, andere hat es an die Strände gezogen oder auch ganz gezielt in Landstriche fernab von großen Metropolen. Ich war unter anderem im Allgäu, auf dem Land. Wissen Sie, was ich da auch tagsüber sehr oft gehört habe? Nahezu nichts! Außer den Geräuschen der Natur, manchmal das Muhen einer Kuh, oder auch ein entferntes Auto. War das gut. Ich liebe Hamburg, die lebendige Großstadt, auch viele ihrer Töne und Geräusche, aber oft ist es eben auch einfach zu viel. Lärm verursacht Stress, Lärm fördert Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen, das ist wissenschaftlich erwiesen.

Kritik an nächtlichen Tempo-Beschränkungen absurd

Dass der Senat jetzt weitere Tempo-30 Strecken nachts auf Hauptstraßen ausweisen möchte ist da nur folgerichtig. Die Frage ist eher: Warum nicht sofort, sondern erst zeitlich gestaffelt über mehrere Jahre? Die Kritik der Opposition von CDU und AfD ist absurd. Man brauche leistungsfähige Hauptverkehrsstraßen, es drohe Tempo 30 durch die Hintertür. Als ob Hamburgs Wirtschaft davon abhängt, dass die Lkw auf einem 500-Meter-Abschnitt nachts etwas langsamer fahren. Und wenn ein Schichtgänger drei Minuten früher losfahren muss, ist das auch zumutbar. Hamburg macht es ja gerade nicht wie Paris, wo flächendeckend 30 gefahren werden muss. Die Mobilität der Hamburger wird durch weitere Tempo-30-Abschnitte nachts nicht scheitern.

Weitere Schritte sollten folgen

Wenn es Hamburg ernst meint mit dem Lärmschutz, sollten weitere Maßnahmen folgen. Das müssen auch gar nicht immer Verbote sein. Der Fünf-Minuten-Takt im ÖPNV - richtig so, Anreize für mehr Elektro-Lkw wären eine Möglichkeit, und noch mehr Tempo-30-Zonen nachts. Hamburgs Blockade im vergangenen Jahr im Bundesrat gegen mehr Rechte für Städte bei der Einrichtung von Tempo-30-Zonen war keine gute Idee. Und auch die heilige Kuh, der Flughafen, gehört auf die Agenda. Ein Nachtflugverbot schon ab 22 Uhr, und nicht erst eine Stunde später - das wäre mutig und würde der Lebensqualität unserer Wirtschaftsmetropole womöglich sogar ganz gut bekommen.

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Ein Auto fährt in einer Tempo 30 Zone. © picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski Foto: Daniel Kubirski

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