Hamburger Innenstadt: Wohnen in Geschäftsimmobilien?
Wie kann die sterbende Innenstadt reanimiert werden? Dazu gibt es viele Ideen, zum Beispiel wieder mehr Wohnungen in der City zu bauen. Die Vorstellungen sind allerdings nicht immer realistisch.
In der Mönckebergstraße zum Beispiel haben Hamburgs Händler zwar jahrzehntelang gut verdient. Doch es wird immer schwieriger, Ladenflächen zu füllen. Deswegen soll hier Wohnraum entstehen. Beim Nikolai-Quartier, am Gänsemarkt, in den Stadthöfen sowie im Johannis-Quartier gibt es bereits einen neuen Drittel-Mix aus Geschäften, Büros und Wohnungen. Dennoch ist es häufig problematisch, bestehende Gebäude umzurüsten, weil etwa Schallschutz und sanitäre Anlagen fehlen. In Kontorhaus-Etagen müssten Mieterinnen und Mieter zum Beispiel auf Tageslicht verzichten. "Wir haben da hohe Gebäudetiefen, wir haben schwierige Brandschutzsituationen, die sich gar nicht für den Wohnungsbau umwandeln lassen", sagt Julian Petrin vom Stadtentwicklungsbüro Urbanista. Ein anderes Thema sei die Eigentümerstruktur in der Innenstadt: "Da sind Eigentümer, die sich auf eine ganz andere Ökonomie eingestellt haben, was ihre Renditen angeht."
Geschäftsimmobilien lukrativer als Wohnraum
Die meisten Gebäude in Hamburg gehören Qantum, Procom, Artinvest, Signa, Familia Bach, HIH und Union. Für Investoren war die Systematik bei Immobilien immer relativ einfach: Geschäftsimmobilien mit hohen, festen Mieten machten sich in der Bilanz besser als Wohnungen. So war es sogar lukrativer, Geschäftsräume einige Zeit lang leer stehen zu lassen, als sie in der Bilanz abzuwerten. Mittlerweile ist Wohnen aber durchaus eine Alternative - auch weil die Leerstände immer mehr werden.
Signa: "Wohnungen lohnen sich erst ab großer Menge"
"Natürlich lohnt sich Wohnen für mich in unseren Objekten oder in den Objekten selbst immer erst ab einer großen Menge", sagt Torben Vogelsang vom Investor Signa. "Aber: Wenn ich kleinere Anteile mache, zahlt das auf mein Gesamtprojekt ein. Letztlich hab ich ein Haus, das beliebt ist, das eine Multinutzung hat. Und die Innenstadt belebt sich. Und wenn die Innenstadt belebt ist, belebt sich auch mein Haus." Der Investor reißt zurzeit die alte Passage am Gänsemarkt ab zugunsten eines neuen Komplexes. Darunter 22 Wohnungen, teilweise gefördert. Auch im alten Karstadt-Parkhaus wird künftig Wohnraum entstehen, genauso wie am Alten Wall, wo der Investor ArtInvest 84 Mietwohnungen plant. Immer nicht ganz freiwillig - die Stadt fordert und fördert es. Auf diesen Förderbereich sollte Stadt ihren Fokus legen, meint Vogelsang.
150 Wohnungen am Nikolaifleet
Am Nikolaifleet sind es 150 Wohnungen des Investors Procom, viele davon gefördert. "Das sind vielleicht im noch Gesamtbild punktuelle Maßnahmen, aber die häufen sich. Und irgendwann wird dann eine Bewegung draus", sagt Petrin. In der Mönckebergstraße bleibt es schwierig, selbst wenn das alte C&A-Gebäude weicht. Geplant sind bislang Einzelhandel, Gastronomie und Hotels.