Hamburg: Was man bisher über den Geiselnehmer weiß
Nach der Geiselnahme, die den Hamburger Flughafen am Wochenende lahmgelegt hatte, sind am Montag einige weitere Details zu dem Täter bekannt geworden.
Nach Polizeiangaben war gegen den 35-jährigen türkischen Staatsangehörigen bereits im März 2022 im niedersächsischen Stade wegen des Verdachts der Entziehung Minderjähriger ermittelt worden. Damals war er unberechtigt mit seiner Tochter in die Türkei gereist. Die Mutter erstattete Anzeige, versuchte dann aber, die Angelegenheit auf anderem Wege zu regeln, weshalb das Verfahren zunächst eingestellt wurde. Anfang September 2022 erstattete die Frau laut eines Sprechers der Staatsanwaltschaft Stade noch einmal Anzeige. Das Familiengericht des Amtsgerichts Stade hatte zuvor im Juli dem Vater die elterliche Sorge entzogen und das alleinige Sorgerecht der Mutter übertragen. Die Frau holte ihre Tochter demnach am 17. September aus der Türkei ab und brachte sie zurück nach Deutschland. In diesem Frühjahr wurde der Mann daraufhin wegen Entziehung Minderjähriger zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro verurteilt, so der Behördensprecher jetzt.
Sorgerechtsstreit Auslöser für Geiselnahme?
Die Polizei geht davon aus, dass der Sorgerechtsstreit um die Vierjährige Hintergrund der Geiselnahme war. Das Mädchen soll sich am Sonnabend bei der Mutter in Stade aufgehalten haben. Der Mann war dort offenbar nach einem Streit in eine psychische Ausnahmesituation geraten: Er soll die Mutter des Kindes zur Seite gestoßen und das Mädchen ins Auto gesetzt haben. Beim Losfahren soll er laut einem Zeugen die Mutter des Mädchens und einen Nachbarn fast umgefahren haben. Unmittelbar danach flüchtete der Mann in Richtung Hamburg bis auf das Rollfeld des Flughafens.
Beim Flughafen gearbeitet?
Die Polizei Hamburg hielt sich am Montag mit weiteren Informationen zu dem Geiselnehmer zurück. Die Frage, ob der Mann möglicherweise beim Airport gearbeitet hat und deshalb mit den Örtlichkeiten vertraut war, wollte ein Sprecher mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren nicht beantworten. "Darüber hinaus kann ich auch aus polizeitaktischen Erwägungen keine Auskunft dazu erteilen."
Zeugenberichten zufolge hatte der Mann am Samstagabend auf dem Rollfeld mehrere Schüsse in die Luft abgegeben und zwei Brandsätze neben seinem Auto gezündet. Zuvor hatte der 35-Jährige am Flughafen eine Absperrung durchbrochen und war mit dem Auto aufs Vorfeld des Airports gefahren.
Geiselnehmer hatte keine Waffenerlaubnis
Der Geiselnehmer durfte aus rechtlicher Sicht keine Waffe haben. "Der Beschuldigte befindet sich nicht im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis", sagte Oberstaatsanwaltin Liddy Oechtering am Montag. Das Verfahren gegen den Mann hat mittlerweile wegen der besonderen Bedeutung die Zentralstelle Staatsschutz der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg übernommen. "Die Generalstaatsanwaltschaft wird einen Haftbefehlsantrag insbesondere wegen des Vorwurfs der Geiselnahme, der Entziehung Minderjähriger sowie Delikten nach dem Waffengesetz stellen", sagte sie weiter.
Bei dem Fahrzeug des Geiselnehmers handelte es sich nach Angaben der Polizei in Stade um einen Mietwagen. Ob der 35-Jährige bei einer Mietwagenfirma gearbeitet habe, sei unbekannt und unwahrscheinlich.
Wohnung des 35-Jährigen in Buxtehude durchsucht
Bereits während der laufenden Geiselnahme durchsuchte die Polizei die Wohnung des Mannes in Buxtehude. Dabei seien Beweismittel sichergestellt worden, sagte ein Sprecher.
Die Geiselnahme war am Sonntagnachmittag auf dem Rollfeld unblutig zu Ende gegangen. "Der Mann hat mit seiner Tochter das Auto verlassen, ist auf Einsatzkräfte zugegangen, in dem Moment ist der Zugriff geglückt", sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün. Es waren mehrere Psychologen und Spezialisten der Polizei im Einsatz, die immer wieder mit dem 35-Jährigen telefoniert hatten. Das Kind war offenbar unverletzt geblieben, es kam aber dennoch zunächst in ein Hamburger Kinderkrankenhaus.