Gesichtsverhüllung an Hamburger Schulen wird verboten
An Hamburgs Schulen wird Gesichtsverhüllung im Klassenraum offiziell verboten. Ein entsprechender Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen zur Änderung des Schulgesetzes wurde am Mittwoch in der Bürgerschaft mit Stimmen der Fraktionen von CDU und AfD angenommen. Die Linke stimmte dagegen.
Durch die Gesetzesänderung werden Kopfbedeckungen, die das Gesicht vollständig verschleiern, untersagt. "Schule und Gesichtsverhüllung verträgt sich nicht", sagte der schulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Hansen. Das Gesicht des Gegenübers lesen zu können, sei für die Kommunikation wichtig. Er verwies darauf, dass das an Hamburgs Schulen bereits gelebte Praxis sei. Die Schulen bräuchten aber Rechtssicherheit.
SPD und Grüne: Gesetzliche Regelung notwendig
In dem Antrag heißt es, mit dem Verbot der Gesichtsverhüllung werde den Vorgaben des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts entsprochen. Das Gericht hatte 2020 entschieden, dass einer damals 16-jährigen muslimischen Schülerin das Tragen eines Gesichtsschleiers von der Schule nicht untersagt werden könne, da hierfür die gesetzliche Grundlage fehle. Aktuell seien in der Hansestadt etwa zehn Fälle bekannt, in denen Mädchen mit Gesichtsschleiern den Unterricht besuchten. Das seien zwar Einzelfälle, sagte Hansen. Dennoch brauche es dafür eine gesetzliche Regelung.
"Kein Maskenverbot durch die Hintertür"
Das Tragen von Kopftüchern, aber auch von Schutzmasken aus Infektionsgründen sei weiterhin möglich. Schülerinnen und Schüler bräuchten dazu auch künftig kein Attest und keinen Antrag. Die zentrale Bedeutung des Infektionsschutzes sei eine Lehre aus der Corona-Pandemie, sagte der Fraktionschef der Grünen, Dominik Lorenzen. Deshalb sei der Antrag in einer Neufassung so angepasst worden, dass er "kein Maskenverbot durch die Hintertür" darstelle.
Linke: Möglicherweise "gravierende Folgen" für Betroffene
Die religionspolitische Sprecherin der Fraktion der Linken, Insa Tietjen, verwies bei dem Verschleierungsverbot auf mögliche "gravierende Folgen" für die betroffenen Schülerinnen - insbesondere, wenn die Schülerinnen nicht mehr schulpflichtig seien. "Darüber würden wir gern vertiefend im Schulausschuss beraten." Ein entsprechender Antrag ihrer Fraktion auf Überweisung an den Ausschuss wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt.
AfD scheitert mit Zusatzantrag
Auch ein Zusatzantrag der AfD-Fraktion fand in der Bürgerschaft keine Mehrheit. Die Fraktion hatte beantragt, neben vollständiger Verschleierung auch den Hidschāb - also ein Kopftuch - zu verbieten. Grundsätzlich weise der Vorschlag der Regierungsfraktionen allerdings in eine richtige Richtung, sagte der schulpolitische Sprecher der Fraktion, Alexander Wolf. Gesichtsverhüllende Kleidung gefährde nicht nur die Kommunikation, sondern stehe "der Integration in eine freiheitlich-säkulare Gesellschaft entgegen". Der Justizexperte der CDU-Fraktion, Richard Seelmaecker, wies darauf hin, dass seine Fraktion schon 2017 ein Verbot von Vollverschleierung in allen öffentlichen Bereichen beantragt habe.
Regelungen in Bundesländern nicht einheitlich
Verschleierung im Schulunterricht wird in Deutschland immer wieder diskutiert. Weil die Bundesländer für Bildung zuständig sind, ist das Thema uneinheitlich geregelt. Bayern und Niedersachsen hatten die vollständige Gesichtsverhüllung 2017 als erste Bundesländer durch Änderungen ihrer Schulgesetze untersagt. Die Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts ließ die Debatte um ein Verschleierungsverbot 2020 in mehreren anderen Bundesländern aufleben. In Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein traten entsprechende Verschärfungen der Schulgesetze noch im selben Jahr in Kraft. Auch Rheinland-Pfalz ergänzte 2020 sein Schulgesetz, um nach Angaben des Bildungsministeriums "das bereits bestehende Verbot der Vollverschleierung rechtlich abzusichern". Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Bremen argumentierten in der Vergangenheit damit, Einzelfälle nicht aufbauschen zu wollen. Vollverschleierung sei an Schulen nicht erwünscht, bei den Schulgesetzen gebe es jedoch keinen Anlass zur Verschärfung.