Feinstaub-Messgeräte für mehr Bewusstsein
Einmal tief Luft holen - gerade in großen norddeutschen Städten wie Hamburg oder Hannover ist das an manchen Orten nur wenig empfehlenswert. Die Luft ist verpestet mit Schadstoffen: Feinstaub, Ruß, Stickoxide. Aber mit Fahrverboten - beispielsweise wenn die Luft besonders "dick" ist - tun sich viele Städte und viele Autofahrer schwer. Auf der anderen Seite wollen immer mehr Menschen wissen, wie belastet die Luft im eigenen Umfeld eigentlich ist. Aus diesem Grund gibt eine Hamburger Initiative Tipps, wie Sensoren zum Messen der Feinstaub-Belastung selber gebastelt werden können. Das Ziel: möglichst viele Daten sammeln, um dann am Ende die Stadt mit den Ergebnissen zu konfrontieren.
Montagabend, 19 Uhr. In einem kleinen Büro in der Hamburger Neustadt sitzen 15 Frauen und Männer an Tischen und beugen sich über eine Reihe technischer Kleinteile. Programmierer Tom Friedel steht vorne und hält ein silber schimmerndes Gehäuse hoch: "Das ist der Feinstaub-Sensor. Und dieses Teil saugt alle 30 Sekunden Luft an. Da ist ein kleiner Laser drin mit einer Fotodiode, ganz grob erklärt. Und der misst, wie viel von diesem Licht bei der Fotodiode ankommt. Je mehr Staub in der Luft ist, desto weniger Licht kommt an."
Werte sind im Internet abrufbar
Der 39-jährige Michael und die 32 Jahre alte Daniela runzeln die Stirn und müssen kurz lachen. Sie sitzen am selben Tisch und versuchen, ohne großes technisches Know-how ihre Feinstaub-Sensoren zusammen zu basteln. Beide wollen ihre Sensoren auf dem Balkon aufstellen. Von dort soll das Messgerät alle 30 Sekunden die aktuellen Feinstaub-Daten an die Internetseite luftdaten.info senden.
"Ich wohne an einer relativ viel befahrenen Straße, von daher interessiert es mich einfach, ob wir da im grünen, im gelben oder im roten Bereich sind", erklärt Michael, warum er sich an dem Projekt beteiligt. "Gerade weil ich in der Nähe des Hafens wohne. Da denke ich, dass da auch viel von den Schiffen kommt." Daniela ergänzt: "Man kriegt es ja nicht mit. Man sieht es nicht, man riecht es nicht. Es ist schwierig für einen zu ermessen, wie schlimm es denn eigentlich ist."
"Code for Hamburg" betreibt Aufklärung
Auf die Beine gestellt hat das Projekt die Gruppe "Code for Hamburg", deren Mitglieder ehrenamtlich tätige Programmierer sind. Ihrer Ansicht nach wissen die Bürger viel zu wenig darüber, wie hoch die Feinstaubwerte in ihrer Stadt wirklich sind. "Gerade in Hamburg ist es ja auch interessant zu sehen, okay, wir haben richtig Glück mit dem Wetter, weil die ganzen Seewinde auch viel wegtragen. Wir haben aber auch so was wie die großen Kreuzfahrtschiffe, die reinkommen. Und um das mal flächendeckend darzustellen, genau dafür machen wir das hier", sagt Tom Friedel von der Initiative.
Die Idee kommt aus Stuttgart
Vorreiter des Hamburger Projekts ist eine Initiative aus Stuttgart. Dort hatten Bürger ebenfalls auf eigene Faust begonnen, den Feinstaub vor ihrer Haustür zu messen. Die Ergebnisse waren so erschreckend, dass zwei Anwohner jetzt Strafanzeige gegen Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn gestellt haben. Unter anderem wegen des Verdachts auf unterlassene Hilfeleistung, da Kuhn bislang auf Fahrverbote verzichtet. "Wir wollen damit eben auch die Politik anregen, mehr zu tun und auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Es geht darum: Welche Messwerte sind vor meiner Haustür? Und das kann oder will die Stadt nicht leisten in Hamburg", berichtet "Code-for-Hamburg"-Koordinatorin Solveig Schröder.
Ziel: 100 Sensoren - "Wir wollen das Messfeld erweitern"
Das städtische Institut für Hygiene und Umwelt betreibt in Hamburg derzeit 15 Messstationen, die einmal stündlich die Feinstaubbelastung messen. "Die Stadt hat Sensoren, aber sie hat eben nicht so viele. Wir wollen 100 Sensoren haben für Hamburg. Da wollen wir eben eine Bereicherung geben. Wir wollen das Messfeld erweitern", sagt Schröder. Sie räumt ein, dass es sein könne, dass die Feinstaub-Sensoren von "Code for Hamburg" keine dramatischeren Werte erbringen werden, als die bereits vorhandenen Messstationen der Stadt. Auf jeden Fall schärfe das Projekt aber das Bewusstsein der Teilnehmer für das Thema. Und vielleicht ändere ja der eine oder andere auch sein eigenes Verhalten, um dazu beizutragen, die Feinstaubbelastung in der Stadt zu senken.