Asbest-Erkundung auf Baustellen: Ärger um geplante neue Verordnung
Der Norddeutsche Baugewerbeverband hat die von der Bundesregierung geplante neue Gefahrstoffverordnung scharf kritisiert. Es geht dabei vor allem um die Frage, wer auf Baustellen nach krebserregendem Asbest suchen muss.
Geht es nach dem Beschluss der Bundesregierung, sind Bauherren künftig nicht mehr in der Pflicht, vor einem Sanierungsbau technisch zu überprüfen, ob sich Asbest im Objekt befindet. Das müssten die Handwerker im Zweifel selbst tun. Nach der Neufassung müssen Bauherren dem Bauunternehmen lediglich Informationen über vorhandene oder vermutete Gefahrstoffe zur Verfügung stellen. Und das auch nur, solange sie Unterlagen dazu in zumutbarem Aufwand beschaffen können.
Verband: Risko wird auf Bauwirtschaft abgewälzt
Der Norddeutsche Baugewerbeverband - ein Zusammenschluss von Bauunternehmen aus Hamburg und Umgebung - befürchtet, dass solche Unterlagen in vielen Fällen gar nicht vorhanden sind. Michael Seitz vom Verband erläutert: "Wenn man auf dem Dachboden noch was findet, muss man das dem Handwerker geben. Aber in der Regel wird man ja über Schadstoffe, die zu der Zeit als sie verbaut wurden noch gar nicht als Schadstoffe erkannt wurden, keine Informationen haben, sodass auch nichts weiterzugeben ist." Das Risiko könne aber nicht auf die Betriebe der Bauwirtschaft abgewälzt werden, findet der Verband. Der Vorwurf: Die politisch gewollte energetische Sanierung soll nicht durch zu hohe Auflagen für Bauherren unattraktiv gemacht werden.
Bundesarbeitsministerium hält dagegen
Der Entwurf für die Neufassung der Verordnung stammt vom Bundesarbeitsministerium. Es schreibt auf Anfrage des NDR Hamburg Journals: "Eine von Teilen des Handwerks wieder geforderte weitergehende Pflicht des Veranlassers ('umfassende, technische Erkundung') war schon im Rahmen des Asbestdialogs - an dem auch das Handwerk beteiligt war - nicht mehrheitsfähig."
Beim Asbestdialog, einem Expertengremium, sei es jedoch nicht um Mehrheiten gegangen, kritisiert Seitz vom Norddeutsche Baugewerbeverband. "Und dass die Wohnungswirtschaft, die da prominent vertreten war, etwas dagegen hatte, das liegt ja nun mehr als nahe, weil es am Ende ihr Geld kostet." Am Ende werde es jedoch teurer, wenn eine Asbest-Erkundung erst während der laufenden Baumaßnahme erfolgt, so Seitz weiter.
Bauunternehmer: "Keine seriösen Angebote möglich"
Bauunternehmer Reinhard Müller betont im NDR Hamburg Journal, dass es ihm in erster Linie darum gehe, sein Personal zu schützen. Für ihn wird es außerdem schwerer, ein Sanierungsvorhaben im Vorfeld sauber zu kalkulieren. "Wenn man eine Angebotsabfrage bekommt und keinerlei Hinweise über das Vorhaben hat, ist es eigentlich nicht möglich, ein seriöses Angebot abzugeben - weder über die Kosten noch über die Zeit."
Bundesrat berät im Herbst über die neue Verordnung
Nach Erkenntnissen der Industriegewerkschaft IG BAU sind allein in Hamburg 140.000 Wohnhäuser noch immer asbestbelastet. Der Norddeutsche Baugewerbeverband fordert nun, die neue Verordnung nachzubessern. Im Herbst soll der Bundesrat darüber beraten.