Kolumne: "Zeit für Licht"
Der November bringt eine Fülle von Gedenktagen mit sich. Licht kann helfen, diese Tage zu bedenken. In diesem Jahr besonders die Erinnerung an die Reichspogromnacht von 1938 - sie jährt sich zum 85. Mal.
Die ausgehöhlten Kürbisse von Halloween leuchten abends noch auf den Treppenabsätzen in meiner Straße, Kinder basteln in der Kita mit ihren Eltern an den Laternen für den St. Martins-Umzug, und in Rostock begeistert die "Lichtwoche" Passantinnen und Passanten. Dabei werden historische Gebäude und Plätze in buntes Licht getaucht. Das erzeugt besondere Effekte und ermöglicht einen anderen, neuen Blick auf die vertraute Umgebung.
"Licht ist klar und unbestechlich"
Zeit für Licht - das ist mein Motto für den November. Mit dem stetig abnehmenden Tageslicht und den stillen Feiertagen kommt die Sehnsucht nach mehr Licht. Licht tut der Seele gut, es leuchtet dunkle Wege aus und ich brauche es, um mich zu orientieren. Gängige Redewendungen wie "etwas ins Licht setzen" oder "eine Sache von allen Seiten beleuchten" deuten bereits wichtige Eigenschaften des Lichts an: Es ist klar und unbestechlich, schenkt aber auch Wärme.
Reichspogromnacht - Gedenken an den 9. November 1938
Klarheit und Wahrhaftigkeit wünsche ich mir, wenn ich mir die Gedenktage im November vor Augen führe. Das Gedenken an den 9. November 1938 und an die Reichspogromnacht jährt sich in diesem Jahr zum 85. Mal. Ich lese, höre und sehe Berichte von Zeitzeugen und bin immer noch entsetzt über das, was möglich war. Und wenn ich die Nachrichten heute einschalte, erschrecke ich auch da über Antisemitismus und über eine Geschichtsvergessenheit, die unsere Gegenwart verdüstert.
Stolpersteine erinnern an Schicksale in der NS-Zeit
Es ist Zeit für Lichter, die etwas bedeuten. Bei den Stolpersteinen auf unseren Bürgersteigen stehen Kerzen. Sie erinnern an das Schicksal der Menschen, die einmal dort gelebt haben. Wie stille Gebete bleiben die Lichter abends in der Kälte stehen und leuchten in der Dunkelheit. Ihr Licht ist für mich ein Zeichen. Es beleuchtet die Vergangenheit, gibt dem Gedenken Raum. Es erinnert aber auch an die Verantwortung und Hoffnung, die wir für Gegenwart und Zukunft haben: dass Umkehr und Frieden möglich sind.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jeden Donnerstag vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.