Martin Luther King predigt in Ostberlin über Mut
Der US-Bürgerrechtler Martin Luther King predigte am 13. September 1964 in der Marienkirche am Alexanderplatz spontan vor 1.500 Ostberlinern - und überraschte damit die DDR-Führung. Den Gläubigen sprach er Mut zu.
Checkpoint Charlie, der 13. September 1964. Um 19.40 Uhr erscheint vollkommen unerwartet Martin Luther King, marschiert durch den Kontrollposten zur Grenzübergangsstelle Friedrichstraße. Der amerikanische Bürgerrechtler und Baptistenpastor besucht Westberlin. Und er will auch in den Ostteil der Stadt, dort zwei Gottesdienste halten. Um genau das zu verhindern, hatten ihm US-Sicherheitsleute den Pass abgenommen. Als die DDR-Grenzer fragen, ob er sich anders ausweisen könne, zückt King seine Kreditkarte. Anschließend predigt er in zwei völlig überfüllten Kirchen.
"For here on either side of the wall are God’s children. And no man made barrier can obliderate that fact." Denn hier sind auf beiden Seiten der Mauern Gottes Kinder und keine durch Menschenhand gemachte Grenze, kann diese Tatsache auslöschen. Martin Luther King 1964
Martin Luther King hält zwei Gottesdienste in der DDR ab
Erst ein Gottesdient in der Marienkirche am Alexanderplatz, dann in der Sophienkirche. Tausende wollen den Mann hören, der ein Jahr zuvor die legendäre Rede "I have dream" gehalten hat. Martin Luther King erzählt seine Geschichte, die Geschichte der US-Bürgerrechtsbewegung. Von Rosa Parks, die ihren Platz im Bus für einen Weißen räumen sollte. Von ihrer Festnahme, den Protesten im ganzen Land, was sich dann verändert hat. King sieht darin Gott am Werk wie beim Auszug der Israeliten aus der Sklaverei.
Es ist übrigens dieselbe Predigt, die King am Tag zuvor in Westberlin gehalten hat. Die Menschen in der DDR hören sind tief gerührt, denn diese Worte treffen ihre Situation in der geteilten Stadt, hinter der Mauer. King macht ihnen Mut, "einen Stein der Hoffnung aus der Mauer der Verzweiflung zu brechen." Und dann stimmt ein Chor "Go down Moses" an: "Sag dem alten Pharao, lass mein Volk gehen."
Die Worte des US-Bürgerrechtlers wirken bis heute nach
Erst später in der Nacht kehrt Martin Luther King nach Westberlin zurück, fliegt am 14. September heim in die USA. Alles 60 Jahre her. Seine Predigt bleibt erhalten, denn die Stasi hat mitgeschnitten. Kopien finden sich in der Mariengemeinde Berlin und im Deutschen Rundfunkarchiv. Beinahe so, als wollten sie das alte Prophetenwort bestätigen: Gottes Wort kehrt nicht leer zurück. Es wirkt, wozu es gesandt wird (Jes 55,11). Es stärkt die müden Herzen und führt hinaus ins Weite.