Kolumne: "Oskar Schindler - Die Stimme des Herzens"
Während seinen Namen in Israel beinahe jedes Kind kennt, will im Nachkriegsdeutschland die Geschichte von Oskar Schindler kaum jemand hören. Vor 50 Jahren ist er gestorben, im Norden, in Niedersachsen.
Tatsächlich Hildesheim, also bei mir um die Ecke: Dort ist vor 50 Jahren Oskar Schindler gestorben, am 9. Oktober 1974, 66 Jahre alt. Ihm und seiner Frau Emilie ist es gelungen, 1.200 Jüdinnen und Juden vor der Ermordung durch die Nazis zu retten.
Steven Spielberg verfilmt Oskar Schindlers Geschichte
Von Oskar Schindler höre ich erstmals - wie so viele andere - durch den Spielfilm von Steven Spielberg. 1993 kommt "Schindlers Liste" in die Kinos. Der Filmtitel spielt auf jenes Dokument an, mit dem es den Schindlers gelingt, die jüdischen Zwangsarbeiter aus ihren Fabriken als unabkömmlich für die Produktion erklären zu lassen - das hat sie vor dem Konzentrationslager bewahrt.
Oskar Schindler war keine Lichtgestalt, sondern Lebemann
Die Schindlers riskieren viel: ihr Vermögen, das Unternehmen, sich selbst. Vor allem beeindruckt mich, dass diese Tat sich aus dem Lebenslauf von Oskar Schindler nicht hätte ablesen lassen. Schindler ist nicht ein Widerstandskämpfer wie Dietrich Bonhoeffer gewesen, der schon früh gegen die Nazis opponiert hätte. Keine Lichtgestalt, sondern ein Lebemann, der zur Partei gehört, unternehmerisch vom Krieg profitiert. Für mich zeigt das: Es gibt sie, diese Stimme tief in uns drinnen. Der Prophet Micha hat geglaubt, dass sie in jedem Menschen spricht. Und Oskar Schindler hört im entscheidenden Moment darauf: "Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Gott von dir fordert - Liebe üben (Mi 6,8)."
"Schindlers Liste" liegt auf einem Dachboden in Hildesheim
Die berühmte Liste von Oskar Schindler wird auch in Hildesheim entdeckt. Auf einem Dachboden, aufbewahrt in einem Koffer. Bestattet wird er auf einem christlichen Friedhof in Jerusalem. Viele kleine Steine liegen auf seiner Grabplatte, so wie es in der jüdischen Tradition üblich ist, um einen Verstorbenen zu ehren. Darauf steht auf Hebräisch: "Chassid Umot ha-Olam", "Gerechter unter den Völkern". Dieser Titel ist mit einem Weisheitsspruch verbunden. "Wer immer ein Menschenleben rettet, hat damit gleichsam eine ganze Welt gerettet." Ich wünschte, ich hätte auch diese Klarheit des Herzens, wenn es darauf ankommt.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastor:innen und Redakteur:innen ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.