Kolumne: Asylbewerber oder Mitbürger?
CDU-Chef Friedrich Merz bezeichnet ihren Auftritt als "brilliant". Die Polizeigewerkschaft findet die Rede in Uniform von Claudia Pechstein beim CDU-Grundsatzkonvent "problematisch". Ein Vorwurf: Rassismus.
Eigentlich hätte es in ihrem Beitrag einfach nur um Sport gehen können, vergangenen Sonntag, beim CDU-Grundsatzkonvent.
Zumindest hätte man auf den ersten Blick davon ausgehen können, wenn eine Olympiasiegerin ans Rednerpult tritt. Claudia Pechstein fing ihre Ansprache auch sportlich an, sie forderte einen verstärkten Einsatz für den Schul- und Vereinssport und dankte dabei auch den vielen Ehrenamtlichen, die sich in diesem Bereich engagieren.
Pechstein - 300.000 Asylanträge gelten als abgelehnt
Doch dann griff die Eisschnellläuferin ein anderes Thema auf: die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Ihre Schlussfolgerungen wirkten dabei rhetorisch unglücklich. Aus dem Mund einer Sportlerin hätte das Publikum davon ausgehen können, dass es ihr um das Verbindende geht. Um das, was Grenzen auflöst, das ja Sportvereine ausmacht.
Aber es kommt anders: 300.000 Asylanträge gelten derzeit in Deutschland als abgelehnt, behauptet Pechstein. Trotzdem seien diese Menschen noch hier. Darin sieht sie ein Problem, das auch eine Frage der Sicherheit sei, zum Beispiel in unseren öffentlichen Verkehrsmitteln, wo sich gerade ältere Menschen und Frauen zunehmend unsicherer fühlten, wenn sie nach rechts und links blickten.
Kirche wäre leerer ohne Priester aus afrikanischen Ländern
Was für eine Schlussfolgerung. Unterstellt sie doch Angst vor allen Menschen, die irgendwie anders aussehen als ich selbst. Doch vielleicht ist mein Gegenüber in Bus oder Bahn auch ein Spitzensportler? Oder jemand, der sich gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit einsetzt.
Wenn ich mich im Erzbistum Hamburg umsehe, dann ist Kirche genauso "bunt", wie der Sport. Wie viel leerer wären die Kirchen ohne die vielen ausländischen Gemeinden, ohne Priester aus afrikanischen Ländern oder Indien? Sie gehören alle zur Kirchenfamilie dazu - und sie fahren auch Bus und Bahn!
Wir alle sind eine Menschheitsfamilie, ein jeder und eine jede mit der gleichen Würde ausgestattet. Und das sollten wir sowohl im Sport, der Politik als auch in unserer Sprache nie vergessen.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.