Kolumne: "Alternative Fakten und echte Verantwortung"
Wahlkampf ist die Zeit der Versprechen. Doch oft werden Fakten verdreht, Halbwahrheiten geschickt platziert oder sogar Lügen verbreitet? Pastor Heiko von Kiedrowski über Wahrheit und Lügen im Wahlkampf.
Mit seiner Schere schneidet Torben eine kleine Zeichnung aus. Er legt sie zu den neun anderen, die schon vor ihm liegen. Heute geht es beim Konfirmandenunterricht um ein besonderes Thema: die zehn Gebote. Für jedes Gebot gibt es ein kleines Comic-Bild, und die soll Torben in die richtige Reihenfolge bringen, von "ganz wichtig" zu "ziemlich wichtig". Ein Gebot liegt bei fast allen Konfirmanden ganz oben auf der Liste: "Du sollst nicht töten". Mit einem anderen Gebot tun sich alle schwer: "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden" steht unter dem Bild.
"Eine kleine Notlüge ist schon mal drin"
Wie wichtig ist es, die Wahrheit zu sagen? Als wir über diese Frage sprechen, diskutieren alle mit. Natürlich will fast jeder ehrlich mit seinen Mitmenschen sein. Aber eine kleine Notlüge - die ist schon mal drin. Oder wir verschweigen unangenehme Details in einer Geschichte, wenn wir sie erzählen.
Fake News verbreiten sich rasant auf Social Media
"Du sollst nicht falsch Zeugnis reden": Wenn Politikerinnen und Politiker um Stimmen werben, wird oft versprochen, geschönt oder bewusst schwammig formuliert. Und manchmal auch offensichtlich gelogen - dann nennt man das einfach "alternative Fakten". Besonders in den sozialen Medien verbreiten sich Halbwahrheiten und Falschinformationen in rasantem Tempo. Gegner werden nicht nur inhaltlich angegriffen, sondern mitunter mit Verdrehungen oder erfundenen Skandalen diskreditiert. Und weil die sozialen Medien vor allem wirtschaftliche Interessen verfolgen, wird der gehört, der am meisten zahlt.
Wer kann Verantwortung für unsere Zukunft tragen
Wenn Politikerinnen und Politiker ans Rednerpult treten, dann zählt nicht nur, was strategisch klug ist, sondern auch, was der Wahrheit entspricht. Schließlich sollen Wählerinnen und Wähler ihre Entscheidungen auf einer verlässlichen Grundlage treffen können - nicht auf Illusionen. Denn nach der Wahl geht es nicht darum, wer am besten die Wirklichkeit zu seinem Vorteil verbogen hat, sondern wer Verantwortung tragen kann für unsere Zukunft und die der nächsten Generationen.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.