Kolumne: "Hand aufs Herz"
Für Menschen, die mit der Diagnose Krebs leben, ist es häufig schwer, offen über ihre Erkrankung zu reden. Denn nicht immer reagiert das Umfeld unterstützend. Es fehlt an richtiger Kommunikation.
"Wissen Sie, ich habe außerhalb meiner engsten Familie niemandem gesagt, dass ich Krebs habe. Ich wollte nicht, dass meine Kolleginnen, meine Nachbarn mich mit anderen Augen ansehen." Das erzählte mir eine Frau leise nach einer Veranstaltung zum Weltkrebstag, und ich fühlte mich erinnert: So ist es mir anfangs auch gegangen.
Krebskranke - Abgeschrieben und abgestempelt?
Für Betroffene, die mit der Diagnose Krebs leben, ist das eine Frage: Wie sieht mich mein Umfeld? Bin ich ab sofort in den Augen der anderen nur noch die vermutlich todgeweihte Patientin? Abgestempelt, abgeschrieben? Die Sorge ist nicht unberechtigt. Denn so tickt unsere Gesellschaft. Sie setzt auf Leistung. Wer die nicht bringen kann, wird schnell an den Rand geschoben. Angstbesetzte Bilder in den Köpfen, was den Krebs betrifft, tun ein Übriges. Also überlegen es sich Betroffene lieber zweimal, bevor sie sich zeigen in ihrer Krankheit, in ihrer Verletzlichkeit.
Ehrlich gegenüber der Krankheit und mir selbst sein
Ich verstehe das gut. Und doch - ich denke, es ist eine Chance, offen und ehrlich zu sein. Zunächst einmal ehrlich mir selbst gegenüber. Anzuerkennen, was die Krankheit mir nimmt. Zu akzeptieren, dass ich Prioritäten verschieben muss, ich mich verändern werde. Und nicht alles daran ist schlecht. Meine Erfahrung ist, wenn ich es schaffe, meinen Schmerz nicht gleich beiseite zu fegen, sondern anzusehen und anzunehmen, dann kann ich erleben, wovon die Bibel seit jeher erzählt: Tief im finsteren Tal wächst plötzlich ein Vertrauen, eine unerklärliche Hoffnungskraft, die den Weg weist.
Wir müssen lernen, besser und mutiger über Krebs zu reden
Mittlerweile habe ich mich entschieden, zu erzählen, wie mein Leben mit dem Krebs aussieht. Die Reaktionen darauf sind gemischt, von aufgeschlossen-verständnisvoll über verunsichert bis unterirdisch ist alles dabei. Ich wünsche mir einfach, dass wir lernen, besser, mutiger und, ja, normaler darüber zu reden. Das würde uns allen guttun. Und dann sehen wir einander am Ende vielleicht nicht mit anderen, sondern einfach nur freundlichen Augen an.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jeden Donnerstag vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.