Kolumne: "Ganz zart aufgetragen"
Ob Harry Styles, Lars Eidinger oder Blixa Bargeld - Nagellack bei Männern steht oft als Zeichen gegen toxische Männlichkeit. Inga von Thomsen freut sich darüber, dass auch ihr Mann Nagellack aufträgt.
"Ich brauche mal neuen Nagellack", sagt mein Mann am Frühstückstisch. "Mein goldener ist fast alle." Erstaunt? Nein, das bin ich nicht, denn er lackiert sich schon seit einigen Jahren ab und zu die Nägel. Weil er es schick findet. Vielleicht auch besonders. Ungewöhnlich ist das heute eigentlich auch nicht mehr: Rockstars, aber auch andere männlich gelesene Personen im öffentlichen Leben lassen sich mit Nagellack sehen. Comedian und Autor Kurt Krömer erklärte einmal, warum er das tut: Als Zeichen gegen toxische Männlichkeit und aus Solidarität mit Menschen, die irgendwie anders aussehen, sich anders kleiden oder aus einer Rolle fallen, die ihnen die Gesellschaft zuschreibt.
Hätte Jesus sich die Nägel lackiert?
Sich auch mal von einer anderen Seite zu zeigen und Gefühle zuzulassen, fällt vielen Männern schwer. Erziehung, Vorbilder, Erfahrungen - da spielen viele Faktoren eine Rolle. Und doch täte es uns allen gut. Und weil dies eine kirchliche Kolumne ist, stellt sich mir die Frage: und Jesus? Hätte der sich die Nägel lackiert? Sicher ist, er zeigte viel Mitgefühl. Viel Schwäche - bis zum Kreuz am Karfreitag. Mehr geht eigentlich nicht.
Auch Harry Styles trägt gerne Nagellack
Mein Mann schreibt "goldener Nagellack" auf den Einkaufszettel. Und ich summe den Song "Golden" von Harry Styles vor mich hin. Auch der hat übrigens öfter bunte Fingernägel. In "Golden" singt er über seine Gefühle, hoffnungslos zu sein, gebrochen, er will nicht alleine sein. Das sind eine Menge emotionaler Aussagen. Und doch tröstet mich sein Song, wenn ich einmal einen schlechten Tag habe. Denn die Melodie ist fröhlich und lässt mich beschwingt zurück. Golden. Danke an alle, die ihr mir mit euren bunten Fingernägeln den Tag etwas schöner macht!
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jeden Donnerstag vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.