Rosen liegen auf Stolpersteinen, die an Opfer des Holocaust erinnern. © picture alliance / Flashpic Foto: Jens Krick

Holocaust-Gedenken: "Wenn Menschen zu Nummern werden"

Stand: 26.01.2023 09:35 Uhr

"Namen wurden abgeschafft, wir waren nur noch Nummern", sagte die verstorbene Esther Bejarano. Sie war einer Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz. Ihr und so vielen anderen gilt die Erinnerung am Holocaust-Gedenktag.

von Pastorin Anke Wulff-Steger

Namen sind Schall und Rauch - so eine Redewendung. Für die Namen, die in der Bibel stehen, gilt das nicht. Sie sagen etwas über das Wesen aus, dessen, der oder die diesen Namen trägt. Von Gott wird gesagt: Er kennt seine Geschöpfe mit Namen, er hat sie mit Namen gerufen.

Wenn Menschen einander nicht mehr mit Namen anreden und kennen, dann geht etwas kaputt in der Gemeinschaft. "Ey, du da!" oder "Wer ist die da?", mag zwar cool klingen, aber es ist doch eher ein Ausdruck von Distanz und Unsicherheit. Heimat ist dort, wo Menschen einander mit Namen kennen.

Vernichtungslager - Das Leben einer Nummer zählt nicht

In einer bürokratisierten Gesellschaft tritt zum Namen oft die Nummer. Das mag für die Verwaltung von Daten notwendig sein, aber keiner möchte zur Nummer werden oder mit einer Nummer angeredet werden. Eine harmlose Form dessen, dass der Name hinter der Nummer verschwindet. Die brutalste Form ist das Eintätowieren von Nummern auf Oberarm oder Bein, sowie es in den Konzentrationslagern der Nazis geschah. Menschen wurden zu Nummern, der Name durfte nicht mehr genannt werden. Das Leben einer Nummer zählt nicht, die Liste musste stimmen, egal ob lebendig oder tot. Wer Menschen ihren Namen nimmt, raubt ihnen ihre Würde, ihre Existenz, ihre Geschichte.

Holocaust-Gedenken - Behüte das Angesicht des Menschen!

Am 27. Januar ist Holocaust-Gedenktag, vor 78 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Wir erinnern uns an die Namen derer, die zur Nummer gemacht und ermordet wurden. Das Gedenken macht die Ermordeten nicht wieder lebendig und das Geschehene nicht ungeschehen, aber es macht heute eine Gesellschaft aufmerksam und empfindlich: Behüte das Angesicht des Menschen! Sorge für die Würde derer, die bedrängt und bedroht werden. Sorge dafür, dass ihre Namen nicht getilgt und sie nicht zu Nummern werden!

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Rosen liegen auf einem Gehweg neben Stolpersteinen - kleinen Gedenktafeln, die an das Schicksal der Menschen erinnern, die in der NS-Zeit verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. © picture alliance / Norbert Schmidt Foto: Norbert Schmidt

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 28.01.2023 | 19:05 Uhr

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