Eine junge Frau bringt ausrangierte Dinge in ein Sozialkaufhaus. © fotolia Foto: highwaystarz

"Gutmensch" - Ein Wort, dass sich radikal verändert hat

Stand: 18.01.2024 13:15 Uhr

Im Jahr 2015 wurde "Gutmensch" zum Unwort des Jahres gewählt. Eigentlich wird damit jemand bezeichnet, der naiv an das Gute glaubt. Doch heute werden Menschen damit verunglimpft, die sich für Flüchtlinge engagieren.

von Susanne Kühn

Gibt es ein harmloseres Wort als "Gutmensch"? Einfach und grundsolide. Ein guter Mensch eben, oder? Eben nicht. Leider. Als "Gutmensch" wird laut Wikipedia jemand bezeichnet, der übertrieben Gutes tut und zwar, um dafür öffentlich Anerkennung zu bekommen. Jemand mit Helfersyndrom, der nur seine eigenen moralischen Ansichten gelten lässt und andere missionieren möchte. Jemand, der vollkommen naiv an das Gute glaubt und deshalb weltfremd ist.

"Gutmensch" - Kampfbegriff aus dem rechtspopulistischen Lager

Der eigentliche Sinn des Wortes "Gutmensch" hat sich also radikal verändert. 2015 wurde es sogar zum Unwort des Jahres gewählt, weil sich viele Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagierten. Sie wurden als "Gutmenschen" beschimpft, vorwiegend aus der politisch extrem rechten Ecke heraus, von Menschen also, denen Einwanderer grundsätzlich nicht willkommen sind.

Wenn aus "gut" und "Mensch" ein Schimpfwort entsteht

Offensichtlich besteht da ein Problem mit den Worten "gut" und "Mensch". Wie kann das sein? Sind die Worte zu groß? Uncool? Oder vielleicht beliebig, so dass man sie zusammenbauen und aus dem Wort "Gutmensch" einfach ein Schimpfwort machen kann? Und sich damit über diejenigen stellt, die nicht nur reden, sondern tatsächlich Nächstenliebe leben. Kann es sich unsere Gesellschaft leisten, dem Wort "Gutmensch" eine verachtende Bedeutung zu geben?

Güte und Menschlichkeit statt Zynismus

Wer ein aktives Füreinander als naiv und weltfremd betrachtet, der hat eine hartherzige Sicht auf die Welt. Sollte beim Gutes tun missioniert werden, dann kann man darüber in einem offenen Gespräch miteinander streiten. Für mich bleiben die Worte "gut" und "Mensch" positiv besetzt. Zynismus gibt es mehr als genug in der Welt. Was wir brauchen ist Güte und Menschlichkeit. Wenn man so will: Gutmenschen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 20.01.2024 | 19:05 Uhr

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